Abmahnung: 1.200 Euro wegen Fehlern beim Einsatz von Google Analytics?

Abmahnung wegen Google Analytics
Zuerst sollen die Rechtsverletzungen 5.000 € wert sein, dann doch 20.000 €. So sehen keine seriösen Abmahnungen aus. Dass sie trotzdem ernst zu nehmen sind, erkläre ich diesem Beitrag.

Uns liegen Abmahnungen wegen des Einsatzes von Google Analytics vor. Dabei beanstandet Herrn Jan Weidenbach durch die Rechtsanwaltskanzlei Jahn & Rug, Hanau, dass seine IP-Adresse nicht anonymisiert wurde und ein Hinweis auf den Einsatz von Google Analytics in der Datenschutzbelehrung fehlte.

Damit bewahrheitet sich meine Befürchtung, dass die Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen zunehmen werden. Im Folgenden erkläre ich Ihnen, wie Sie solche Abmahnungen vermeiden können und warum ich diesen konkreten Abmahnungen sehr skeptisch gegenüber stehe.

Regeln beim Einsatz von Google Analytics

Falls Sie meinen Beitrag „Google Analytics rechtssicher nutzen – Anleitung und Muster für Webmaster“ bereits gelesen und befolgt haben, können Sie sich sicherer fühlen. Falls nicht, befolgen Sie bitte diese Schritte:

  1. Mit Hilfe der bei Google beschriebenen IP-Masken-Methode „_anonymizeIp()“ im Analytics-Code die letzten 8bit der IP-Adresse kappen.
  2. Diesen Vertrag über Auftragsdatenverarbeitung ausfüllen und mit einem frankiertem Rückumschlag an Google schicken. Details und Adresse finden Sie hinter dem Link oder nutzen diese praktische Anleitung.
  3. Ergänzen Sie Ihre Datenschutzerklärung mit unserem Muster.
  4. Löschen Sie alle bisher durch Google Analytics erhobenen Daten. Das geht nach Auskunft von Google nur, wenn Sie Ihren bisherigen Google-Analytics-Account löschen und einen neuen anlegen.

Diese Vorgaben beruhen auf einer Vereinbarung zwischen deutschen Datenschützern und Google. Doch auch, wenn sie nicht eingehalten werden, bedeutet es nach meiner Auffassung nicht, dass deswegen 1.200 € Abmahnungsgebühren verlangt werden können.

Erfolgsaussichten der Abmahnung

Die Abmahnung wird auf eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Speicherung der vollständigen IP-Adresse sowie fehlende Informationspflichten, also auf Datenschutzverstöße gestützt (§§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, 823 Abs. 1 BGB, Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs.1, 2 Abs. 1 GG, 3, 4 Abs. 1 BDSG, 12, 15 TMG).

Dies ist nicht unumstritten, vor allem was die Frage angeht, ob die Speicherung dynamischer IP-Adressen einen Datenschutzverstoß darstellt und man ferner für etwaige Datenschutzverstöße von Google haften muss. Denn selbst, sieht man die IP-Adressen nicht. Die Zweifel teilt auch Kollege Ferner.

Ich kann mich leider aufgrund der laufenden Verfahren nicht zu den Einzelheiten und dem Vorgehen in der Sache äußern, da das Wohl  meiner Mandanten natürlich an erster Stelle steht. Ich hoffe Sie haben Verständnis dafür. Was ich jedoch sagen kann ist, dass die Kosten der Abmahnung viel zu hoch angesetzt sind.

Abmahnungsmissbrauch liegt nahe

Der Abmahner meint, dass die Speicherung seiner IP sowie die fehlende Unterrichtung 20.000 € wert sind! Da anhand dieses so genannten Gegenstandswertes die Kosten berechnet werden, sollen für die Abmahnung rund 1.200 € (inkl. MwSt) gezahlt werden.

Spätestens diesen Betrag halte ich für völlig überhöht und für gewichtiges Indiz, dass die Abmahnung missbräuchlich sein kann. Hinzu kommt, dass es keine Einzelfälle sind, wie sich aus dem Blogbeitrag vom Kollegen Weiß ergibt (der den Inhalt der Abmahnung weiter ausführt).

Welche Folgen drohen zusätzlich? Wenn Sie Google Analytics einsetzen ohne die oben genannten Voraussetzungen zu beachten können Sie auch von den Datenschutzbehörden verlangt werden. So wurden viele unserer Mandanten auf Verstöße hingewiesen und aufgefordert deren Google-Analytics Accoounts deswegen zu löschen. Im schlimmsten Fall können auch Bußgelder drohen.

Fazit und Praxishinweis

Auch wenn die konkrete Abmahnung Anzeichen für einen Missbrauch enthält heißt es nicht, dass Sie die Problematik auf die leichte Schulter nehmen sollten. Die Rechtslage ist unklar, und das heißt, es können enorme Kosten auf Sie zukommen, wenn Sie die Schreiben ignorieren.

Das Unterschreiben einer von der Gegenseite vorgegebenen Unterlassungserklärung sollten Sie sorgfältig abwägen, weil diese quasi ewig gilt und die Vertragsstrafen und Bedingungen nicht Gegenseite diktiert sein sollten. Sonst müssten Sie in der Zukunft immer damit leben müssen, dass bei erneuten Fehlern beim Einsatz von Google Analytics eine Vertragsstrafe fällig wird und Sie können davon ausgehen, ständig genauestens überwacht zu werden.

In den meisten Fällen ist eine Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Minderung der Ansprüche, zur Übernahme des Schriftverkehrs und zur Modifikation der Unterlassungserklärung im Ganzen günstiger, als die geforderte Summe zu zahlen oder das Kostenrisiko, wenn Sie die Abmahnung gar nicht beachten.

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Abmahnung: 1.200 Euro wegen Fehlern beim Einsatz von Google Analytics?

25 Gedanken zu „Abmahnung: 1.200 Euro wegen Fehlern beim Einsatz von Google Analytics?

  1. Für mich mal wieder eine Abmahnung die ungerechtfertigt ist. Was kann ich mit einer IP-Adresse anfangen? Ich kenne den Herkunftsort und den Provider. Aber keine Adresse oder Klarnamen der Besucher.

    Vielen Dank für den Beitrag. Dann werde ich mal Strukturen in meinem Blog ändern.

  2. Danke für diesen super Beitrag, er öffnet einem mal wieder die Augen und Ohren für diese komplexe Welt.
    Nun stelle ich mir die Frage, ob Ähnliches auch bei der Nutzung „nur“ von Google Webmaster Tools beachtet werden muss oder ob man hier einen relativ sicheren Freiraum im Backend lediglich nutzt.

    Was meinen Sie dazu?

    1. Solange die Webmaster Tools die Besucher nicht tracken, also bei denen z.B. pseudonyme Cookies ablegen, ist es k.P. Mir ist es auch nicht bekannt, dass die WT das tun würden.

  3. Es ist einfach nervig womit man sich heute alles beschäftigen muss. Durch Hacker, Viren, Trojaner und abmahnwütige Kanzleien ist man zu unnötig verschwendetem Zeitaufwand gezwungen und alles nur, weil jene Personen auf legalem Wege keinen Erfolg hatten. -.-

    Aber vielen Dank für Ihren Beitrag. Gespeichert ist er schon, Umsetzung sollte bald erfolgen. 🙂

  4. Mich wundert nur eines:
    Warum braucht der Gesetzgeber so lange um gegen solche Praktiken vor zu gehen. Schade das es oftmals keine Moral mehr gibt sondern stattdessen Gesetzte.

    Irgendwann rechne ich mal den Gesamtvolkswirtschaftlichen Schaden aus der dadurch entsteht sich regelmäßig mit solchen Sachen zu beschäftigen. Welchen Rechtsanwälten darf ich das dann in Rechnung stellen ?

    Danke für die Aufklärung und weitere Arbeit für mich !

    Gruss Klaus

  5. Früher oder später musste es ja passieren – leider. Ich finde die Abmahnung völlig überzogen. Ob sie gerechtfertigt ist oder nicht, darüber sollen Anwälte und Richter entscheiden.

    Ich drücke dem Betroffenen die Daumen und hoffe, dass die Gegenseite eine Pleite erlebt.

  6. Eine Frage dazu habe ich allerdings noch. Es steht in den Nutzungsbedingungen unter Punkt 7 Datenschutz der Hinweis mit „[…]Wenn Sie Google Analytics für Werbetreibende im Display-Netzwerk nutzen,[…]“ und dazu passend der Vertrag der unterzeichnet werden sollte. Dies würde ja quasi bedeuten, wenn ich nicht unter „Werbetreibende im Display-Netzwerk“ falle, ich den nicht unterzeichnen müsste. Jetzt ist allerdings die Definition von „Werbetreibende im Display-Netzwerk“ nicht zu 100%einleuchtend.

  7. Ich finde cool, dass die Kanzlei unter Ihren Fachgebieten diesen Punkt aufführen:

    „Wir vertreten unsere Mandanten weiter

    im Zusammenhang mit der Forderungsabwehr aus so genannten Abo-Fallen und sonstiger „Abzock-Rechtsgeschäften““

  8. Seit Monaten zieht sich der Aufbau meiner Website mit redaktionellen Inhalten schon hin, von der ich erwarte, dass sie irgendwann existenzsichernd sein wird. Allein beim Anlegen des Impressums dachte ich, dass hierfür schon fast ein Jurastudium notwendig ist. Jetzt sitze ich an etlichen Seiten Text für die Datenschutzerklärung und muss schon wieder befürchten, dass irgendwelche Systemparasiten die kleinste Lücke für ihre Abmahnzwecke missbrauchen.

    Ich erwarte nicht unbedingt, dass die Betreuung von Webseiten Spaß machen soll. Aber was für ein Irrsinn in diesem Land die Zügel in der Hand hält, in welchem Umfang Existenzgründern Steine in die Wege gelegt werden und wie unsere Gesetzeshüter völlig offensichtlicher Abzockerei nur noch zuschauen, dabei Gesetze für Anbieter noch weiter verschärfen – da vergeht einem wirklich ALLES!

  9. Pingback: Bye Bye Google
      1. Ich möchte mich als Abgemahnten einreihen. Besuch meiner Seite durch J,W, war Ende Oktober, Schreiben von J&R wurde einen Tag später versandt. Die sind schnell – sitzen wahrscheinlich nebeneinander?
        Was bekommt J,W, eigentlich für sein Suchen nach Seiten welche “_anonymizeIp()” nicht eingestellt haben?

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