Kann man wegen fehlender AGB abgemahnt werden?

Kann man wegen fehlender AGB abgemahnt werden?

Unser Mandant hat eine Abmahnung erhalten und soll sich mitunter verpflichten AGB bereit zu stellen. Sein Problem: Er hat gar keine AGB und fragt sich nun, ob es Pflicht ist, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu haben.

Die Antwort auf diese Frage lautet zwar „nein“, doch sollte weiter gelesen werden, da es Informationspflichten gibt, die oft mit AGB verwechselt werden. Daher sollte zuerst geklärt werden, was AGB sind.

AGB sparen Zeit und Verhandlungen

Allgemeine Geschäftsbedingungen (abgekürzt AGB) sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (der Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt.
Wikipedia

AGB sind also Ersatz für einzelne Vertragsvereinbarungen. Man kennt sie in vielen Formen. Mietverträge, Nutzungsbedingungen einer Community, Webshop-AGB oder Facebookrichtlinien sind alles vorformulierte Vertragsbedingungen und damit AGB.

Sind AGB Pflicht?

Man stelle sich vor, ein Mietvertrag oder ein Kaufvertrag werden per Handschlag ohne AGB geschlossen. Werden die Verträge dadurch unwirksam? Und was passiert, wenn Vertragsbedingungen, zum Beispiel die Zahlungskonditionen, nicht in den AGB geregelt worden sind?

Die Verträge sind wirksam. Und Vertragsbedingungen, die nicht geregelt worden sind, werden durch das Gesetz gelöst. Das Bürgerliche Gesetzbuch hat eine große Bandbreite an Lösungen für Fragen der Zahlungspflicht, der Mängel, der Kündigungen, etc.

Die AGB sind also ein freiwilliges Mittel eigene Regeln zu setzen, wenn einem die gesetzlichen Regeln nicht zusagen. Doch Vorsicht, das Gesetz erlaubt nur Regeln, die nicht „von wesentlichen Grundgedanken“ des Gesetzes abweichen. Daher sollten AGB von einem Rechtsanwalt geschrieben werden, schließlich können rechtswidrige AGB zu Abmahnungen führen.

Ferner führt ein Fehler in einer AGB-Klausel zum Wegfall der ganzen Regelung. Wird z.B. im Haftungsabschnitt die Haftung für Körperschäden unerlaubterweise ausgeschlossen, ist die gesamte Haftungsbegrenzung weg. Also auch für Schäden an Sachen.

Es lohnt sich also oft mehr insgesamt auf AGB zu verzichten, als zu versuchen selbst welche zu erstellen.

Das „Aber“ – Die Informationspflichten

Zwar sind die AGB keine Pflicht, aber das Gesetz hält eine Menge an Informationspflichten bereit. Ganz viele treffen Anbieter, die online Geschäfte tätigen:

  • Widerrufsbelehrungspflichten gegenüber Verbrauchern
  • Hinweise wie der Vertrag zustande kommt
  • Informationspflichten betreffend Preisangaben
  • Anbieterkennzeichnung (Impressum)
  • Datenschutzhinweise
  • Hinweise nach der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung
  • etc.

Diese Informationspflichten sind in der Regel keine „Vertragsbedingungen“, so dass sie auch keine AGB sind. Weil sie aber oft auf der selben Seite wie die AGB stehen, werden sie regelmäßig mit AGB verwechselt.

Damit ist der Fall klar, unser Mandant ist nicht verpflichtet „AGB“ zu haben, sondern nur die obigen Informationspflichten zu erfüllen. Aber was wäre, wenn er AGB gehabt hätte? Hätte er sie dann angeben müssen?

Pflicht zur Angabe vorhandener AGB

Sind AGB vorhanden, müssen sie tatsächlich mitgeteilt werden.

 

  1. Zum einem werden AGB nur wirksam, wenn die andere Vertragspartei sie kannte. Bei Geschäften mit Verbrauchern müssen sie deutlich sichtbar sein und es sollte nicht versucht werden, sie zu „verstecken“. Bei Geschäften zwischen Unternehmern reicht ein Hinweis, dass es AGB gibt und wo diese zu finden sind. Die Folge bei Verstoß gegen diese Einbeziehungsregel ist, dass die AGB schlichtweg nicht gelten.
  2. Bei Verbrauchergeschäften im Internet (Fernabsatz genannt) muss über die AGB unbedingt vor Vertragsschluss unterrichtet werden (§ 312c Abs.1 BGB, der auf Artikel 246 §1 Abs.1 Nr.4 2ter Halbsatz EGBGB „wie der Vertrag zustande kommt“ verweist). Wer das nicht macht, riskiert eine Abmahnung.
  3. Aber auch alle anderen Anbieter müssen nach der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (§ 2 Abs. 1 Nr.7 DL-InfoV) vorhandene AGB spätestens bei Vertragsverhandlungen mitteilen. Dazu müssen die AGB aber nicht online stehen. Es reicht auch eine Mitteilung bei Vertragsverhandlungen, z.B. per Email. Nur wenn das Geschäft online abgeschlossen wird (z.B. Hostingangebot), müssen die AGB mitgeteilt werden. Dann ist dies aber selbstverständlich, da sie sonst nicht gelten würden.

Fazit

AGB sind keine Pflicht sondern freiwillige Regelungen. Sie sind jedoch sinnvoll, um Rechte & Pflichten in einem Vertrag zu bestimmen und ungünstige gesetzliche Regelungen zu verändern. Da fehlerhafte AGB-Klauseln durchaus eine Abmahngefahr bergen und bei Fehlern komplett nichtig sind, sollten sie nur von einem fachkundigem Rechtsanwalt verfasst werden. Von den AGB sind Informationspflichten zu unterscheiden, die unbedingt erfüllt werden müssen.

Unser Mandant muss jedenfalls keine AGB mitteilen, die er nicht hat. Die Abmahnung ist daher insoweit falsch.

Weitere Informationen und eine FAQ zu AGB finden Sie auf unserer Angebotsseite zu AGB.

[callto:agb]

Kann man wegen fehlender AGB abgemahnt werden?

6 Gedanken zu „Kann man wegen fehlender AGB abgemahnt werden?

  1. Muss die mahnende Partei nun die Kosten für Ihre Rechtsberatung tragen, da die Abmahnung falsch war oder muss der Abgemahnte die Kosten tragen?
    Immerhin könnte ich ansonsten wild falsche Abmahnungen schreiben (lassen) und hoffen, dass irgendwer das nicht weiß und die Abmahnkosten bezahlt…?

    Danke übrigens für die zahlreichen Veröffentlichungen! Ich finde sie immer sehr interessant und aufschlußreich!

    E. W.

    1. Bei fehlerhaften Abmahnungen wegen Verletzung von Marken oder Urheberrechten können die Kosten der Verteidigung durchaus eingefordert werden. Bei Abmahnungen wegen unerlaubten Wettbewerbs, wie solcher wegen fehlerhafter AGB oder unerlaubter Werbung, grundsätzlich nicht. Außer es handelt sich wirklich um Abmahnungen die absichtlich und in Kenntnis derer Fehlerhaftigkeit dem Wettbewerber als „Knüppel zwischen die Beine geworfen werden“. Das ist jedoch nur sehr schwer nachzuweisen.

  2. „Sind AGB vorhanden, müssen sie tatsächlich mitgeteilt werden.“
    Das halte ich in diesem Zusammenhang für falsch. Auch wenn AGB vorhanden sind, müssen diese eben nur dann mitgeteilt werden, wenn sie Vertragsbestandteil werden sollen.

    1. Da haben Sie rein logisch völlig Recht. Der Satz ist rein pragmatisch gemeint. Es geht um AGB, die auch verwendet werden sollen. Natürlich müssen nicht alle „AGB“ mitgeteilt werden, die man irgendwo herumliegen hat.

  3. Hallo,
    ist es ausreichend als Gewerbetreibender AGBs postalisch zu versenden, gelten diese dann als „Zur Kenntnis genommen“, oder bedarf es da eine schriftliche Unterzeichnung des anderen Vertragspartners? Danke

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