Die Impressumspflicht verursacht die häufigsten und ärgerlichsten Rechtsfehler. Und obwohl sie auch für Apps gilt, wird sie häufig vergessen oder unzureichend umgesetzt. Vor allem App-Entwickler vernachlässigen die Impressumspflicht sehr gerne, weil ein Impressumslink wertvollen Platz auf den kleinen Bildschirmen der Mobilgeräte nimmt. Dabei können Impressumsfehler für App-Entwickler viel schlimmere Folgen haben, als für Websitebetreiber.
Mit diesem Beitrag möchte ich zeigen wo die Knackpunkte liegen und der Frage nachgehen, ob in der mobilen Welt Sonderregeln für die Impressumspflicht gelten.
Die gesetzlichen Vorgaben der Impressumspflicht
Die Impressumspflicht gilt für alle inländischen Anbieter, egal in welcher Sprache und von welchem Standort aus die App vertrieben wird. Sie gilt ebenfalls für ausländische Anbieter, die sich an deutsche Verbraucher richten. Ihr Inhalt bestimmt sich nach § 5 TMG und § 55 RfStV. Das Impressum muss ständig verfügbar, leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar sein. Unmittelbar erreichbar bedeutet praktisch, dass das Impressum von jeder Unterseite des Angebotes mit zwei Klicks erreichbar sein muss.
Leicht erkennbar bedeutet, dass das Impressum an gut wahrnehmbarer Stelle stehen und ohne langes Suchen auffindbar sein muss. Dafür ist es ausreichend einen Link zum Impressum zu setzen, solange ein durchschnittlich informierter und aufmerksamer Nutzer den Link wahrnehmen und hinter ihm ein Impressum vermuten kann. Das wurde in folgenden Fällen bejaht:
Nicht ausreichend sind dagegen die folgenden Linktexte:
- „Backstage„
- „AGB“ (wenn das Impressum in den AGB steht)
- „Info“ auf eine Facebookseite, auch wenn dieses Urteil zweifelhaft ist.
- Das Symbol „>“ in einer App
Impressumspflicht bei mobilen Apps in der Praxis
Ich habe mir eine Vielzahl von Apps angesehen und stellte fest, dass in den meisten Fällen die gesetzlichen Vorgaben nicht beachtet werden. Zunächst möchte ich mit vorbildlichen Impressumsangaben beginnen, die überwiegend bei juristischen Apps zu finden waren:
Nun zu den problematischen Fällen. Einige Apps halten gar kein Impressum bereit:
Bei vielen Apps steckt das Impressum hinter einem mit aller Wahrscheinlichkeit unzureichendem „Rubrik“-Symbol:
Andere Anbieter platzieren das Impressum zwar nicht hinter einem „Rubrik“-Symbol, aber hinter Schaltflächen mit Namen wie „Menü“, „Rubriken“ oder „Einstellungen“:
Bis zu der Entscheidung des Landgerichts Aschaffenburg, dass die Rubrik „Info“ nicht leicht als Impressum erkennbar ist (halte ich für falsch), hätte man auch die Impressumsangabe der Deutschen Post als ausreichend bezeichnen können. Im Lichte dieser Entscheidung dürfte auch die Rubrik „Hilfe & Co“, wie bei der Payback-App unzureichend sein:
Gelten bei mobilen Apps Ausnahmen?
Für viele App-Nutzer und auch die Entwickler, die ich berate, sind diese strengen Vorgaben der Gerichte unverständlich. Selbst Personen, die sich eher als „Technikmuffel“ bezeichnen, hatten nach meiner Aufforderung kein Problem das Impressum hinter Schaltflächen wie „Mehr“, „Hilfe“ oder selbst den Symbolen zu finden.
Das würde auch dazu passen, dass für die Beurteilung, ob ein Impressum leicht erkennbar ist, der „durchschnittliche Verbraucher“ und die „typische Vorgehensweise bei der Nutzung des Angebotes“ maßgeblich sein sollen. Dazu gehört meines Erachtens auch der Umstand, dass eine App wenig Platz auf dem Bildschirm bietet. Es ist daher quasi Standard, dass nur ein Teil der Menüpunkte/Rubriken angezeigt wird und der Rest per Klick auf „Mehr„, „More„, „Weiter“ oder „Rubriken“ erreichbar ist. Doch leider tendieren die deutschen Gerichte dazu nicht den typischen Nutzer, sondern eher den unerfahrenen Nutzer (manch einer würde einen „DAU“ sagen) als Maßstab heran zuziehen. Daher würde ich nicht darauf vertrauen, dass sich die Gerichte auf diesen Quasi-Standard Rücksicht nehmen werden. So entschied das Oberlandesgericht Hamm bereits 2009 im Bezug auf Verbraucherinformationen, dass deren Fehlen nicht mit Platzmangel gerechtfertigt werden kann.
Auch lohnt es sich wegen der drastischen Folgen nicht, das Risiko einer negativen Gerichtsentscheidung in Kauf zu nehmen.
Rechtsfolgen und Probleme
Man könnte sagen, dass eine Abmahnung wegen eines Impressums nicht teuer ist und nach neuesten Entscheidungen Abmahnungskosten von 200-300 Euro auslöst. Auch ein Gerichtsverfahren ließe sich mit knapp 1.000 Euro vielleicht noch verschmerzen. Sieht das Gericht jedoch einen Impressumsverstoß, muss man die App innerhalb von 1-2 Wo anpassen oder sonst eine Strafe von mindestens 1000 Euro bezahlen. Und das immer wieder, bis das Impressum ordentlich ist.
Da Apps nicht so einfach wie Websites anzupassen sind und gegebenenfalls erneut in den Freigabeprozess müssen, ist ein Impressumsfehler damit fatal. Noch härter trifft es Entwickler, die Apps für Kunden entwickeln. Haben diese kein ausreichendes Impressum und werden die Kunden abgemahnt, müssen die Entwickler die Kosten der Kunden tragen, weil ihre Apps einen Rechtsfehler enthalten.
Fazit und Praxishinweis
Wer eine App ohne ein ordentliches Impressum anbietet, sollte den Fehler schleunigst korrigieren. Bei scrollbaren Inhalten, kann das Impressum am Ende der Seite untergebracht werden. Symbole, wie die „Rubriken“-Symbole oben in der Tagesschau- oder ZDF-App, halte ich aus Richtersicht für unzureichend. Auch reicht es wohl nicht aus das Impressum hinter dem Menüpunkt „Einstellungen“ zu platzieren.
Risikotabelle:
- Kein Impressum
- Impressum unter „Einstellungen“
- Rubriken-Symbol
- (i)-Symbol
- In „Hilfe“, „Menü“, „Rubrik“, „Mehr“ – Rubriken
- „Kontakt“, „Über uns“
- Link „Impressum“ unten auf jeder App-Seite
- Impressum-Schaltfläche
Menüpunkte wie „Mehr“, „Rubriken“ oder „Hilfe“ sind risikoreich und eine 50/50 oder sogar weniger Entscheidung. Anbieter sollten diese Problematik mit den Kunden besprechen und sie fragen, ob sie eine – unter Umständen störende – Impressums-Schaltfläche haben oder das rechtliche Risiko tragen möchten. Das ist auch das, was ich meinem Mandanten empfehle.
Zum Abschluss ist zu sagen, dass die Impressumspflicht nicht das erste und auch nicht das letzte rechtliche Problem bei der Entwicklung von mobilen Apps ist. Ich denke, dass die rechtlichen Fragen mit der steigenden Popularität mobiler Geräte noch weiter zunehmen werden. Und weil das Thema noch neu ist, freue ich mich auf eine rege Diskussion dazu.
- Den Titel habe ich als Reminiszenz an Henning Kriegs Reihe zur Impressumspflicht bei Twitter und in Social Media angelehnt.
- Die Beispiele wurden zufällig ausgewählt und entsprechen dem Stand am 14.02.2012.
- Es ist ein allgemeiner Überblick, der keine Beratung im Einzelfall ersetzt, da Apps sich in der Ausgestaltung sehr unterscheiden können. Es gibt auch Apps gibt, die keiner Impressumspflicht unterliegen, weil sie keine Telemedien, d.h. „elektronische Informations- und Kommunikationsdienste“ sind.
- Die Risikotabelle ist nicht proportional, sondern nur eine Orientierungshilfe
- Auf Slideshare finden Sie meine Präsentationsfolien „Rechtsrahmen für mobile Applikationen (Apps für IPhone und IPad)“ mit allgemeinen Informationen zur App-Entwicklung.
- Im shopbetreiber-Blog finden Sie Besprechungen der vor allem für E-Commerce relevanten Urteile OLG Hamm, Urteil v. 16.06.2009; Az: 4 U 51/09 und OLG Hamm (Urteil v. 20.05.2010 – I-4 U 225/09) durch Martin Rätze.
[callto:appentwicklung]
Ich finde es immer wieder verwunderlich, wieviel Mühe sich die Entwickler dieser Apps mit der Usability selbiger machen und welche ansprechenden Ergebnisse sie dabei auch (meist) bekommen. Warum ist es den Entwicklern nicht möglich auch das Impressums-Problem geschmeidig und Rechtssicher zu lösen?
Zumal es m.E. auch zur Usability einer mobilen App gehört, dass ich den Verantwortllichen schnell ermitteln kann und auch einfach mit ihm Kontakt aufnehmen kann.
Eine App ist nicht zwingend ein publizistisches Angebot. Wenn Impressum nötig gibt es oft noch andere Pflichtangaben.
Mag sein das es für App Entwicker schlimmere Folgen haben kann als wie für Webseiten Betreiber. Das schlimmste finde ich das man mit seinen Angaben im Impressum Ergeizigen Anwälten eine Angriffsfläche bietet, denn wenn das schnelle Geld lockt kann man schnell mal (auch unbegründet) eine Abmahnung im Briefkasten haben. Mein Impressum erfüllt alle Standard Kriterien, man sollte sich nicht beirren lassen! Es ist noch nicht mal eine Telefon Nummer notwendig wenn man eine Email Adresse angibt worauf man auch erreichbar ist.
Boah das wusste ich ja gar nicht. Ich hatte das Impressum immer nur mit dem Internet in Verbindung gebracht. Aber wird den da auch so viel abgemahnt wie im Netz?
Das man ein Impressum haben sollte wenn man in Deutschland lebt versteht sich, aber es gibt ja sehr viele Apps die in Ausland entwickelt werden und online angeboten werden, wie wird das dort angewendet?
Im Ausland sitzende Anbieter kann man praktisch nicht belangen. Daher kümmern die sich nicht darum.
Wie schaut es aus bei anderen Domainendungen aus. Z.b .to ?
Es kommt nicht auf die Domainendung, sondern Sitz des Anbieters, bzw. der angesprochenen Zielgruppe. Sobald eines davon Deutschland betrifft, muss eine Impressumspflicht nach deutschem Recht vorliegen.
Hört sich für mich ähnlich dem Wirrwarr in Sachen „Impressum für Facebook-Firmenwebseite“ an. Alle wissen, dass man es braucht, doch keiner kümmert sich darum 🙂
Grüße aus Stuttgart!
Michael
Reicht evtl. bereits ein Impressum in der App-Beschreibung?Dort findet man nämlich üblicherweise Imformationen über den Entwickler und auch einen Link zum Kontakt/Support.
Muss denn unbedingt Impressum irgendwo als Wort stehen? Wir verbergen das Impressum in einem Layer, welcher erscheint, wenn man auf das immer sichtbare Logo der App tapped.
Kann man Apple Deutschland abmahnen, da sie in ihren Apps keine Angaben zum Impressum machen? Wäre ja nur konsequent.
Hi, wieso haftet der Entwickler der App? Problem: Mehr als 100-300€ wollen viele Leute für eine Webseite nicht ausgeben. Das ist in diesem Budget natürlich nicht drin. Verlangt ein Entwickler dann 800€ gehen die Leute zu einem ders für 300€ macht.
Wenn ich mir den Artikel durchlese beschleicht mich das Gefühl, dass für Herrn Schwenke Webseiten und Apps das Gleiche sind. Das wird dadurch, dass er Buttons als „Links“ betitelt und von „Klicks“ redet, nur bestärkt. Von daher halte ich diesen Artikel für unqualifiziert – oder zumindest sehr schlecht recherchiert. Mir ist kein Gesetzt bekannt, dass eine Impressumspflicht (mit maximal zwei „Klicks“ erreichbar) für Anwendungen fordert. Mir ist auch keine Anwendung bekannt, die ich selbst nutze, die eine solche Anforderung erfüllt (davon abgesehen, dass sich Entwickler gerne selbst in der App verewigen, d.h. viele Apps ein „Info“ oder „About“ Menü haben). Weder die Apps von Apple, noch die von Microsoft, Google, XING, Navigon, Lufthansa, PostAuto, TV Spielfilm, Langenscheidt, heise online, 6Wunderkinder, IKEA etc. erfüllen diese Anforderungen (deren Rechtsabteilungen sollten wissen, was sie machen). Nach meiner Lesart (ich bin kein Jurist!) gelten die entsprechenden Bestimmungen nur für Online-Veröffentlichungen, d.h. Webseiten, und lassen sich nicht auf Apps anwenden (Apps haben mit einer Webseite NICHTS gemeinsam). Sonst müssten sofort 99.9% aller Apps vom Markt… 😉
Meine Meinung: In diesem Artikel wird viel durcheinander geworfen. Nicht von einem wirren Artikel wild machen lassen!
jm2c
Marcus
Eine APP ist ja wie der Name schon sagt ein Programm. Besteht dann eigentlich nach deutschem Recht auch eine Impressum-Pflicht für andere Computer-Programme? Ich habe gerade mal in M$-Office reingeschaut und konnte kein Impressum finden. In anderer Software wie OpenOffice ist es wenigstens noch eine Über im Menüpunkt Hilfe zu finden. Allerdings ohne die gesetzlichen Angaben. Auch bei deutscher Software ist das „Impressum“ meist nur hinter einem „?“ und dem Menüpunkt „Info“ verborgen. Kann man die jetzt alle abmahnen?