In den bisherigen Teilen dieser Monitoringreihe ging es um das Datenschutzrecht. Daneben müssen jedoch auch das Urheber– und das neue Leistungsschutzrecht für Presseverlage beachtet werden. Das gilt vor allem dann, wenn Monitoring-Reports für unternehmensinterne Zwecke oder durch Monitoringanbieter erstellt werden.
Da diese Problematik nach meiner Erfahrung nur wenigen Unternehmen bekannt und zudem rechtlich sehr problematisch ist, empfehle ich die Lektüre des folgenden Beitrags, um die Risiken einschätzen zu können. Im ersten Schritt widme ich mich dem Urheberrecht.
Das Urheberrecht schützt individuelle Texte
Das Urheberrecht schützt alle individuell-persönlichen Texte, die nicht bloß eine sachliche Aufzählung von Fakten und Meinungen sind (man nennt das die Schöpfungshöhe). Diese Schöpfungshöhe ist schnell erreicht und alle Presseartikel, Blogbeiträge sowie längere Kommentare oder Bewertungen sind daher urheberrechtlich geschützt. Nur die typischen Kommentare mit ein/zwei Sätzen werden nicht vom Urheberrecht erfasst. Die urheberrechtlich geschützten Texte dürfen nur mit einer Einwilligung der Urheber genutzt werden. Im Rahmen des Monitorings sind die folgenden Nutzungen relevant:
- Vervielfältigung § 16 UrhG – Eine Vervielfältigung liegt vor, wenn z.B. Presseartikel oder Blogbeiträge durch den Monitoringanbieter oder das Monitoringtool auf dem eigenem Rechner oder Server gespeichert werden. Auch die Weitergabe von Kopien der Texte im Rahmen von Monitoringberichten fällt darunter.
- Verbreitung § 17 UrhG – Werden die gespeicherten Beiträge ausgedruckt und weiter gegeben, liegt zusätzlich eine Verbreitung vor.
- Öffentliche Zugänglichmachung § 19a UrhG – Speichert ein Unternehmen den geschützten Text auf seinem Rechner und lässt andere Personen diese Texte einsehen, liegt in der bloßen Ansicht keine erneute Vervielfältigung vor. Allerdings wird es sich dabei um eine öffentliche Zugänglichmachung handeln.
Demnach dürfen im Rahmen des Monitorings keine Texte zwischengespeichert oder weiter gegeben werden. Das mag viele Unternehmen, die Monitoring betreiben vor den Kopf stoßen, da aus deren Sicht die Texte „nur intern“ verwendet werden. Ich gebe zu, dass dies tatsächlich harsch klingt und prüfe daher weiter, ob es nicht Ausnahmen für diese interne Nutzung gibt.
Öffentliche Zugänglichmachung: Sie liegt gem. § 19a UrhG vor wenn einer Mehrzahl von Personen der Zugang zu fremden urheberrechtlich geschützten Werken gewährt wird, ohne mit diesen Personen persönlich verbunden zu sein. Eine persönliche Verbindung setzt zwar keine Freundschaft voraus, aber zumindest eine gewisse private Nähe. In Unternehmen kann diese Nähe allenfalls in Betrieben mit einem sehr kleinen kollegialen Umfeld entstehen.
Schranken des Urheberrechts
Das Urheberrecht enthält so genannte Schrankenregelungen. Damit sind Vorschriften gemeint, die ausnahmsweise eine Nutzung der Texte auch ohne Einwilligung zulassen. Folgende Schranken könnten beim Monitoring einschlägig sein:
- Das Zitatrecht § 51 UrhG – Das Zitatrecht erlaubt nur Ausschnitte aus fremden Texten zu verwenden, wenn dies notwendig ist, um eigene Gedanken zu belegen (s. dazu meinen Beitrag „Texte richtig zitieren, statt plagiieren (Anleitung mit Checkliste)„). Daher ist das Zitatrecht beim Monitoring nicht anwendbar.
- Privatkopie § 53 Abs.1 UrhG – Auch die „Privat“kopie kommt nicht zur Anwendung, wenn es um unternehmerisches Monitoring geht.
- Sonstiger eigener Gebrauch § 53 Abs.2 und 3 UrhG – Vom sonstigen eigenen Gebrauchs spricht man, wenn Texte z.B. für ein unternehmensinternes Archiv ausgedruckt, kopiert oder archiviert werden. Jedoch deckt diese Regel nur eine Nutzung von Ausschnitten und zudem in analoger Form (sprich Papierform).
- Pressespiegel § 49 UrhG – Monitoringberichte ähneln zwar vom Prinzip her Pressespiegeln, aber auch diese dürfen nur in Papier- oder einer nicht durchsuchbaren Form (z.B. als Grafiken oder nicht durchsuchbare PDF) gespeichert werden. Ferner dürfen Pressespiegel nur unternehmensintern verwendet werden und die Artikel dürfen keinen Rechtevorbehalt enthalten (z.B. „Alle Rechte vorbehalten“). Damit wird auch diese Ausnahme beim Monitoring in der Regel nicht greifen.
- Vorübergehende Vervielfältigungshandlungen § 44a UrhG – Diese Ausnahme deckt nur kurze und vorübergehende Kopiervorgänge, die einen wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen, die Datenübertragung oder rechtmäßige Werknutzung ermöglichen und keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben. Kurz zusammen gefasst, ist damit kurzfristiges Caching gemeint, wie es zum Beispiel im Browser beim Aufruf einer Website stattfindet (so die bisherige Ansicht, die jedoch derzeit durch den EuGH geprüft wird). Im Rahmen des Monitorings wäre damit z.B. erlaubt auf fremde Beiträge maschinell zuzugreifen, die im Cache des Monitoringtools zwischengespeicherte Kopie auszuwerten und die Beiträge danach zu löschen. Also letztendlich was eine Person machen würde, wenn Sie eine Webseite im Browser aufruft und über sie urteilt. Keineswegs ist jedoch die Archivierung der Beiträge oder deren Weitergabe an Kunden von dieser Ausnahme gedeckt.
Damit komme ich zu dem Ergebnis, dass im Rahmen des Monitorings keine der Ausnahmevorschriften richtig hilfreich ist, wenn die Monitoringobjekte gespeichert werden sollen. Daraus ergeben sich die folgenden Praxisempfehlungen.
Bilder – Dieser Beitrag bezieht sich zwar auf Texte, gilt aber erst Recht für Bilder. Das bedeutet, dass Urheberrechtsverletzungen vorliegen, wenn beim Monitoring Bilder gespeichert und weiter gegeben werden.
Praxisempfehlungen
Das Urheberrecht erlaubt es, fremde Texte für Monitoringzwecke auszuwerten und sie in einem Browser aufzurufen. Dagegen ist nicht erlaubt die Texte länger als nur für den Moment der Auswertung zwischenzuspeichern. Damit wird insbesondere die Berichterstattung erschwert. Das gilt sowohl für unternehmensinterne Berichte, als auch Reports von Monitoringanbietern an ihre Kunden. Allenfalls folgende Lösungen bieten sich an:
- Quelle wird im Frame geladen – Es werden nur URLs zu Texten gespeichert und beim Betrachten durch die Kunden oder Mit
arbeiter in deren Browser aufgerufen (s. Titelbild dieses Beitrags. Das funktioniert jedoch nur in einem Tool und ist mit der Gefahr verbunden, dass die Quellen entfernt worden sind). - Eigene Zusammenfassung – Die verarbeiteten Texte werden mit eigenen Worten zusammengefasst (ist mit zusätzlichem Aufwand verbunden).
- Nur URL – Es werden nur URLs zu Texten gespeichert und weitergegeben (funktioniert nur bei digitalen Reports und ist für die Empfänger mit Arbeit verbunden sowie der Gefahr, dass die Quellen entfernt worden sind).
- Kurze Auszüge – Im Rahmen des Berichts werden nur kurze Auszüge der verarbeiteten Texte erfasst (maximal ein bis zwei Sätze), da sie selbst zu kurz sind um urheberrechtlichen Schutz zu genießen.
Das Problem beim Aufruf der Beiträge in einem Frame, als auch bei kurzen Auszügen ist jedoch das neue Leistungsschutzrecht für Presseverlage, das auch diese Nutzung verhindern könnte. Dieser Problematik werde ich mich im nächten Teil der Beitragsreihe annehmen.
Mögliche Konsequenzen
Die hier beschriebenen Urheberrechtsverstöße geschehen unternehmensintern und werden oft nicht durch die Urheber bemerkt. Problematisch kann dies jedoch werden, wenn Mitarbeiter aus dem Unternehmen scheiden und Druckmittel gegen den Ex-Arbeitgeber brauchen.
Ebenso werden in einem größeren Unternehmen die Compliancevorgaben solche Rechtsverstöße verbieten. Sollten die Rechteinhaber von den Verstößen erfahren, könnten Sie Abmahnungen verschicken und Schadensersatz geltend machen.
Fazit
Abermals kollidiert das Urheberrecht mit einer neuen Technik. Zwar bleibt die Auswertung fremder Texte beim Monitoring erlaubt, aber nicht deren längere Speicherung oder Weitergabe an Kollegen, andere Abteilungen oder durch den Monitoringanbieter an deren Kunden. Lediglich sehr kurze Textausschnitte dürfen gespeichert und weitergereicht werden.
Doch auch diese Möglichkeit könnte entfallen, sobald das neue Leistungsschutzrecht für Presseverlage am 01. August 2013 in Kraft tritt. Denn die Verlage haben bereits angekündigt an den Monitoringleistungen mitverdienen zu wollen. Ob zu Recht, werden ich im nächsten Teil 10 der Monitoringreihe erläutern.
Bisherige Teile von „Social Media Monitoring, CRM, HR & Recht“
- Teil 1 – Gemeinsames Brainstorming
- Teil 2 – Präsentationsfolien Monitoringcamp
- Teil 3 – Datenschutz Basics
- Teil 4 – Tracking, Targeting & Online Behavioral Marketing
- Teil 5 – Customer Relationship Management
- Teil 6 – Risiken der Bewerberrecherche
- Teil 7 – Überwachung und Kontrolle von Beschäftigten
- Teil 8 – Active Sourcing, Ansprache & Abwerbung potentieller Arbeitnehmer
- Teil 9 – Urheberrechtsverstöße beim Caching und Reporting
- Teil 10 – Dank Leistungsschutzrecht: Monitoring als Cashcow für Presseverlage?
[callto:buch_datenschutz]
Was ich an dieser Stelle nicht ganz verstehe: Alle Suchmaschinen erfassen und speichern ja auch Daten. Monitoring-Anbieter haben ja auch eine Suchmaschine und machen ja im Grunde genau das gleiche.