Warum das Facebook-Urteil des Landgerichts Berlin deutsche Plattform-Anbieter betrifft

Geek & Poke - das "Free" ModelLetzte Woche hat das Landgericht Berlin ein Urteil gegen Facebook gefällt. Primär ging es um die „Friendfinder“-Funktion. Doch dieser Teil des Urteils ist eher unbedeutend. Die wichtigen Entscheidungen stehen im zweiten Teil des Urteils und sind nicht nur für Facebook, sondern vor allem für deutsche Plattformbetreiber von Bedeutung.

Nichts Neues bei der Friendfinder -Funktion

Der eigentliche Aufhänger des Urteils ist wenig überraschend. Das Gericht bestätigte lediglich bisherige Entscheidungen zur „Tell-a-Friend“-Funktion. Es meint, dass es sich dabei um Werbung handelt, die grundsätzlich einer Einwilligung der Nutzer bedarf. Mehr dazu steht in unserem Beitrag „Haftungsfalle „Tell -a-Friend“-Funktion„. Zudem wurde die „Friendfinder“-Funktion, mit der Facebookmitglieder ihr Adressbuch hochladen und Freunde einladen konnte, mittlerweile ohnehin geändert.

Datenschutzverstöße durch Konkurrenten sind abmahnbar

Interessant ist dagegen die zweite Feststellung des Gerichts. Die Richter sagen, dass es sich bei den Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung im Datenschutz um Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr.11 UWG handelt. Das bedeutet nichts geringeres, als dass ein Unternehmen, welches Nutzerdaten ohne eine wirksame Einwilligung verwendet, einen abmahnbaren Wettbewerbsverstoß begeht. Das hat das OLG Stuttgart zwar schon vorher geurteilt, es handelte sich jedoch um den gewinnorientierten Verkauf sensibler Daten wie Bankverbindungen und nicht um Einladungsemails (OLG Stuttgart Urteil vom 22.2.2007, 2 U 132/06).

Für Unternehmer erhöht sich damit erheblich die Gefahr von Konkurrenten wegen Datenschutzverstößen abgemahnt zu werden.

Nutzer dürfen nicht als Ware behandelt werden

Der Kern des Urteils ist aus meiner Sicht die Entscheidung zur Wirksamkeit der Klauseln über die Verwendung von Inhalten und Nutzerdaten für Werbezwecke. Bisher lässt sich Facebook diese Rechte „versteckt“ in den AGB und der Datenschutzerklärung einräumen. Bei der Anmeldung taucht lediglich der Hinweis auf, „Wenn du auf ‚Registrieren‘ klickst, akzeptierst du unsere Nutzungsbedingungen [Link] und erklärst unsere Datenverwendungsrichtlinien [Link] gelesen und verstanden zu haben“ erhalten.

Ein solcher Hinweis auf die AGB & Datenschutzbestimmungen ist laut KG Berlin nicht ausreichend.
Ein solcher Hinweis auf die AGB & Datenschutzbestimmungen ist laut KG Berlin nicht ausreichend.

Das Gericht sagte ganz klar, dass diese Art von Rechteübertragung unwirksam ist. Die Nutzer müssen deutlich darüber aufgeklärt werden, welche Rechte sie Facebook einräumen und eine aktive Zustimmung geben (z.B. ein Kontrollkästchen anhaken). Damit macht das Gericht deutlich, dass Nutzer auf ihre Gegenleistung vor der Nutzung „kostenloser“ Plattformen hingewiesen werden müssen.

Fazit und Praxisempfehlung

Das Urteil räumt mit dem Vorurteil auf, dass „kostenlose“ Dienste tatsächlich ohne Gegenleistung erbracht werden. Ganz im Gegenteil weisen die Richter auf den Wert der Inhalte und Daten der Nutzer hin.

Für Facebook ist das kein Weltuntergang. Das Unternehmen muss lediglich die Nutzer besser informieren. Ich kann mir aber vorstellen, dass Facebook die Umsetzung mit Rechtsmitteln oder Verweis auf seinen Sitz im Ausland hinauszögern wird.

Anders sieht es dagegen für deutsche Plattformanbieter aus, die Nutzerdaten für Werbe- oder andere wirtschaftliche Zwecke verwenden wollen. Sie sollten die Nutzungsbedingungen sowie die Datenschutzerklärung bei der Registrierung

  • mit Hilfe eines Kontrollkästchen bestätigen lassen und darin
  • die Passagen, in denen sie sich Rechte an Nutzerdaten zur wirtschaftlichen Verwertung einräumen lassen, fett hervorheben.

Halten sie sich nicht an diese Vorgaben, könnten sie von Verbraucherschutzzentralen, Nutzern und vor allem Mitbewerbern abgemahnt werden.

Update

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Weitere Informationen zum Urteil

Bild: Geek & Poke, http://bit.ly/wtxcIL, CC BY-SA http://bit.ly/y74iSI

Warum das Facebook-Urteil des Landgerichts Berlin deutsche Plattform-Anbieter betrifft

5 Gedanken zu „Warum das Facebook-Urteil des Landgerichts Berlin deutsche Plattform-Anbieter betrifft

  1. Mal ketzerisch gefragt: Lese ich nicht immer wieder, dass Datenschutz eben keine Frage des Wettbewerbsrechts ist? Und, wie ich meine, mit guten Gründen…

    Jetzt hoffe ich, dass ich die Tage Zeit habe, das Urteil mal selbst zu lesen…

  2. Ich finde dieses Urteil sehr gut, obwohl es dem Konzern Facebook nicht wirklich weh tuen wird. Facebook wird mit Sicherheit andere Möglichkeiten finden ihren Datenverkauf zu verstecken. Die Kosten dieses Rechtsstreits wird Facebook wohl aus einer der vielen Portokassen zahlen.

    Viel effektiver ist da ein Artikel wie du es hier gepostet hast. Die User von Facebook müssen aufgeklärt werden. Das ist meiner Meinung nach die größere Herausvorderung für diesen Datenhändler. Erst wenn die User z.B. Facebook nicht mehr nutzen oder schlichtweg falsche Angaben tätigen und darauf achten was sie täglich posten, dann wird sich Facebook schnellstmöglich Gedanken machen müssen.

    Aber genug Geld hat Herr Zuckerberg mit seinen Freunden ja bereits verdient 😉 In diesem Sinne LG Michael

  3. Auch als Nichtspezialist auf diesem Gebite finde ich es zwar gut, dass es auch mal ein Urteil gegen Facebook gibt, aber wenn wir ehrlich sind muss man sich schon fragen, ob dies überhaupt dem Riesen etwas ausmacht.

  4. Bin ich froh, dass ich diesem Land den Rücken gekehrt habe. Was die deutschen Gerichte an Urteilen raushauen, ist echt der Wahnsinn.
    Hätten die Deutschen und nicht die Amerikaner das Internet erfunden, wären wir heute immer noch mit einem Akkustikkoppler unterwegs …

    Die Deutschen schaffen es immer wieder, Entwicklungen und neue Konzepte zu bremsen …

  5. Ich finde das Urteil ebenfals gut. Vor etwas 6 Monaten hatte ich auch noch den „Gefällt Mir“ Button eingebaut. Aber als ich die Geschichte mit den Daten erfahren hatte, wurde dieser sofort entfernt. Ich hoffe das Facebook durch das Urteil, seine Schlüsse zieht.

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