Wegweisende Gerichtsentscheidung: Facebook-Like endlich entschärft?

Beispiel eines Gewinnspiels mit einem Fangate
Beispiel eines Gewinnspiels mit einem Fangate
Ein Verbraucherschutzverband hielt diese Art von Gewinnspiel für rechtswidrig, weil die Nutzer mit dem Klick auf „Gefällt mir“ zum Ausdruck bringen würden, dass sie das Unternehmen oder dessen Leistungen empfehlen. Die Richter sahen es anders.

Aus Hamburg kommt eine begrüßenswerte Entscheidung, die zeigt, dass Gerichte auch praxisnah entscheiden können. Das Landgericht Hamburg entschied, dass ein Like-Button nach „dem Verkehrsverständnis“ nicht unbedingt eine positive Empfehlung bedeuten muss (Urteil vom 10. Januar 2013, Az.: 327 O 438/11, via ibusiness).

Diese Entscheidung kann sich nicht nur auf die Zulässigkeit des Fankaufs, sondern auch auf Vorwürfe von Schleichwerbung und „Gefällt mir“-Klicks von Mitarbeitern auswirken. Warum, erläutere ich in diesem Beitrag.

Worum ging es in dem Fall?

In dem Fall ging ein Verbraucherschutzverband gegen den Betreiber einer Fanseite vor. Dieser veranstaltete ein Gewinnspiel, an dem die Nutzer nur nach dem Klick auf den „Gefällt mir“-Button teilnehmen durften. Der Verbraucherschutzverband meinte, dies sei eine wettbewerbsrechtliche Irreführung. Denn es würde so aussehen, als ob der Nutzer positive Erfahrungen mit dem Unternehmen und den dahinter stehenden Produkten gemacht hätten und ihre „Wertschätzung“ ausdrücken würden. Tatsächlich habe er jedoch nur ein Interesse an dem Gewinn gehabt. Daher werden die anderen Nutzer getäuscht, was mit einem Fankauf vergleichbar sei.

Das Gericht misst dem Like-Button keine große Bedeutung bei

Das Gericht sah es anders als der Verbraucherschutzverband. Es meinte, dass der Klick auf „Gefällt mir“ eine unverbindliche Gefallensäußerung sei, mit der  keine weiteren Erwartungen oder Gütevorstellungen verbunden werden:

Dem Netzwerk bleibt vielmehr das Motiv und die Hintergründe der Gefallensäußerung durch den „Gefällt mir“-Button in Ermangelung weiterer Angaben des Nutzers unbekannt… denn davon lebt der Netzwerkgedanke: Man tut, sagt und „postet“ etwas, und die anderen erfahren es. Und die anderen, mithin seine (Netzwerk-)Kontakte können dann wiederum mitteilen, dass ihnen dies „gefällt“. Dabei unterscheidet weder die Plattform selbst, noch ihre Nutzer zwischen Wichtigem und Unwichtigem.

Sprich, das Gericht sieht in einem Like lediglich eine neutrale Aktion, die genauso gut  „ja, schön, habe ich gesehen“ heißen könnte. Dabei scheint es, dass die Entscheidung deswegen so praxisnah ausgefallen ist, weil die Richter selbst Facebook kannten oder vielleicht sogar dessen Mitglieder sind:

Dieses Verkehrsverständnis können die Mitglieder der Kammer aus eigener Sachkunde beurteilen, da sie ebenfalls zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.

Was bedeutet das Urteil für Gewinnspiele und den Fankauf?

Das Urteil bedeutet zuerst, dass es zulässig ist ein Fangate bei Facebook einzurichten. Das heißt, es ist erlaubt den Zugang zu Gewinnspielen, Produktproben oder sonstigen Apps vom Klick auf die „Gefällt mir“-Schaltfläche abhängig zu machen.

Meines Erachtens spricht das Urteil auch dafür, dass ein Fankauf zulässig ist. Denn auch beim Fankauf werden für einen Klick auf „Gefällt mir“ wirtschaftliche Vorteile geboten. Statt einer Chance auf den Gewinn sind es kleine Centbeträge. Dieser Rückschluss ist jedoch nicht zwingend, denn anders als ein Gewinnspiel findet der Fankauf nicht in der Öffentlichkeit statt. Andererseits weiß nach Ablauf des Gewinnspiels auch niemand, wo die Fans einer Facebookseite her kamen.

Achtung bei Kommentaren – Bitte beachten Sie, dass die Entscheidung nur den Like-Button betrifft, aber nicht Fälle in denen positive Kommentare oder Bewertungen „gekauft“ werden. Hier liegt weiterhin Schleichwerbung vor. Dazu mehr in „Fankauf war gestern – Zulässigkeit und Risiken gekaufter Bewertungen bei YourRate„.

Was bedeutet das Urteil für Zugaben und Mitarbeiter?

Unabhängig vom Fankauf gibt es noch andere Fälle, in denen das Urteil seine Wirkung entfaltet:

  • Zugaben und Rabatte für Likes – Viele Anbieter bieten Kunden kleine Zugaben oder Rabatte an, wenn Sie auf den Like-Button klicken und bei manchen Onlinemagazinen wird der Zugang zu Beiträgen nur gegen Like-Klicks gewährt.  In dem Beitrag „Der legale Weg zum Like – rechtliche Grenzen auf der Jagd nach positiven Bewertungen“ habe ich noch gesagt, dass man dies gegebenenfalls als unerlaubte Schleichwerbung werten könnte. Davon würde ich nun nicht mehr ausgehen.
  • „Positive“ Likes von Mitarbeitern – Im selben Beitrag wies ich darauf hin, dass auch Vorsicht geboten ist, wenn Mitarbeiter die Beiträge des Unternehmens liken.
  • „Negative“ Likes von Mitarbeitern – Erst kürzlich bekamen Feuerwehrleute der Stadt Düsseldorf Probleme, als sie unter einem sehr kritischen Facebook-Beitrag eines Kollegen den „Gefällt mir“-Button klickten. Auch in diesem Fall dürften diese Klicks nicht automatisch als Befürwortung gewertet werden. Mehr zu dem Thema und verbleibenden Zweifeln in den Beiträgen von Kollegen Lampmann und Ulbricht.

Fazit

Ich halte das Urteil für richtig. Weil es bei Facebook nur die Schaltfläche „Gefällt mir„, aber nicht „Gefällt mir nicht„, „lustig“ oder „ich teile die Auffassung“ gibt, wird sie von Nutzern für alle möglichen Bekundungen genutzt. Zum Beispiel werden häufig auch Beileidsbekundungen mit einem „like“ quittiert, wie die Facebook-Einträge zum Tod des Schauspielers Dirk Bach zeigten.

Jedoch ist es erst ein einzelnes Urteil, das diese Ansicht so klar äußert. Daher sollten Sie vor allem im arbeitsrechtlichen Bereich mit Likes unter Beiträgen, die den Arbeitgeber kritisieren, weiterhin vorsichtig sein. Hier gibt es noch die Entscheidung des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau (Urteil vom 21.03.2012, Az. 1 Ca 148/11), das einen Like als eine Befürwortung wertete.

Dennoch denke ich, dass die folgenden Gerichtsentscheidungen zum Like-Button sich an dem Urteil des LG Hamburg orientieren werden.

[callto:buch_facebook]

Wegweisende Gerichtsentscheidung: Facebook-Like endlich entschärft?

14 Gedanken zu „Wegweisende Gerichtsentscheidung: Facebook-Like endlich entschärft?

  1. danke für den beitrag, das zeigt doch, dass auch richter manchmal am puls der zeit sind. bei jeder bewertung sollte man sich doch fragen, was der handelnde beabsichtigt. auch wird es zeit, dass man juristisch das www genau betrachtet und das viele maßnahmen kurzfristig und undurchdacht sind. ein like setzt man schnell, genauso wie man hin und wieder mündlich spontan unternehmen empfiehlt.

  2. Also diese Entscheidung entspricht m.E. nicht der „Verkehrsauffassung“, im Übrigen wohl auch nicht der von Facebook selber. Haben sich die Richter mal das eigene Urteil durchgelesen? Da wird die ganze Zeit von einer „Gefallensäußerung“ gesprochen, die keine Gefallensäußerung sein soll, weil nur „Gefällt mir“ auf dem Knopf steht?
    Man schaue in den Duden:
    „gefallen
    starkes Verb – 1. jemandes Geschmack, Vorstellung, Erwartung entsprechen; …2. sich in selbstgefälliger Weise durch …3. sich etwas gefallen lassen“
    Das ist grammatikalische Auslegung erstes Semester. Vom hochgestellten Daumen ganz zu schweigen. Im Übrigen gibt es in Facebook durchaus das neutrale Mitteilen von Informationen über den button der als solcher aus bezeichnet wird. Nämlich das „Teilen“ Plugin….

  3. Interessanter Gedanke, Moritz. Ich kann nicht beurteilen inwiefern Gerichte nach Lage des Dudens urteilen. Allerdings ist „Teilen“ aus der Marketingperspektive die stärkere Gefallensäußerung, weil es mit einer unmittelbaren Weiterleitung des Inhalts verbunden ist. Der virale Effekt, auch der Einfluss auf den Edge-Rank innerhalb Facebooks sind größer. „Gefällt mir“ ist so gesehen nur eine holprige Übersetzung von „Like“. Vielleicht sollte „Geht so“ auf dem Button stehen 😉

  4. Das Urteil ist m.E. nicht richtig. Die Weiterleitung auf eine FanSeite oder Gewinnspiel ist ein Akt der hier durch Zaehlung dokumentiert wird.

    Die Geschaeftspraxis der „LIKE“-Button hingegen ist sehr wohl als positive Empfehlung zu verstehen.

    Die Zahl der Likes von Politikern, Unternehmern und Werbekampagnen aller Art werden SELBSTVERSTÄNDLICH als Zahl positiver Empfehlungen geführt.

    Etwas anderes anzunehmen ist entweder blind oder unehrlich.

    Die korrekte Bezeichnung solcher Buttons sollte folgerichtig „Weitergeleitet“ oder „Neugierig“ oder „Interessiert“ lauten, aber in keinem Fall „LIKE“, wenn der Nutzer keine Chance hat auf andere Weise festzustellen, worum es eigentlich geht.

  5. Interessant finde ich die Auswirkungen auf das Gewinnspiel-Thema. Danke auch an Mathias Priebe für den Querverweis zur Facebook-Developers-Page in seinem Kommentar. Dass die Gerichte dem Like-Button „keine große Bedeutung beimessen“ finde ich insofern witzig, weil das die SEOs dieser Welt vermutlich anders sehen 😉

  6. Ich finde die Entscheidung sehr positiv.
    Und die Praxisnähe des Gerichts rührt wahrscheinlich daher, dass auch die Richter ganz fleißig bei Facebook aktiv sind =)

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