800 Euro für einen Pinguin? – Rechtliche Risiken bei der Nutzung von Memes

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Gefühlt gehört der „Socially Awkward Penguin“ der Allgemeinheit, tatsächlich aber den Inhabern der Rechte an der Fotografie, die als Vorlage für das Meme diente.

Hinweis: Die Rechtslage hat sich geändert, eine Verwendung von Memes ist nunmehr in der Regel gerechtfertigt. Weitere Informationen im Beitrag: „Ratgeber Urheberrechtsreform 2021: Uploadfilter, Zitate, Parodien, Karikaturen, Pastiches und Memes„.

Betreiber des Blogs „Geeksisters“ berichten, von dem Stockbildanbieter Getty Images eine Rechnung über knapp 800 Euro für die Nutzung des „Socially Awkward Penguin„-Memes erhalten zu haben. Davon sind viele überrascht, da Memes im Internet als eine Art Allgemeingut betrachtet werden.

Da ich selbst ein großer Fan von Memes bin und auch meine Mandanten immer häufiger nach der Zulässigkeit der Meme-Nutzung fragen, nehme ich den obigen Fall zum Anlass, um zu erklären wann Memes geschützt sind und welche Risiken bei ihrer Nutzung drohen. Aber zuerst möchte ich kurz erklären, worum es bei Memes geht.

[sc name=“tshinweisboxBEGIN“]Rechnung bezahlen? Viele Rechteinhaber verschicken Rechnungen bevor sie eine Abmahnung versenden. Die Kosten einer solchen Rechnung sind häufig zu hoch und verhandelbar. Lassen Sie sich jedoch rechtlich beraten, bevor Sie verhandeln, damit sich die Kosten bei Fehlern nicht vervielfachen.[sc name=“tshinweisboxEND“]

Was sind Memes?

Hinter dem Internetphänomen der Memes (bzw. deutsch Mems), stehen Bilder, Videos, Musikstücke, Worte oder andere Konzepte, die sich viral über das Internet verbreiten. Dabei werden sie häufig abgewandelt und mit neuen Texten oder Bedeutungen versehen. Es ist praktisch nicht möglich, im Internet an Memes vorbeizukommen, sei es als Postings bei Facebook oder innerhalb der Meme-Portale, wie 9Gag.com. Dass Memes auch in der Offline-Welt vorkommen, zeigte sich, als eine Tür an der Uni Mainz kaputt ging:

Manche Memes erlangen eine große Prominenz, erhalten viel Aufmerksamkeit und werden mit positiven Gefühlen verbunden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass z.B. Unternehmen oder Agenturen Memes gerne als Werbeträger einsetzen würden. Dabei muss jedoch bedacht werden, dass die meisten Memes rechtlich geschützt sind.

Inhaber von Rechten an Memes, wie z.B. der „Nyan Cat“, verdienen mit ihnen Geld und gehen rechtlich gegen unerlaubte geschäftliche Nutzungen vor. Das zeigt auch der Fall des „Socially Awkward Penguin“, dessen Ursprünge in diesem Video erklärt werden:

[sc name=“tshinweisboxBEGIN“]Recherchequellen: Als Recherchequelle für die Ursprünge der Memes und der Rechteinhaber bietet sich die Seite KnowYourMeme an. Die spannende Historie und Kultur der Memes können Sie in dem Buch „Internet-Meme – kurz & geek“ nachlesen, erschienen im O’Reilly-Verlag.[sc name=“tshinweisboxEND“]

Wie sind Memes rechtlich geschützt?

Alle Memes, denen Filme, Fotografien oder Comics zugrundeliegen, sind urheberrechtlich, sei es als Lichtbilder (= Schnappschüsse), kreative Lichtbildwerke, Filmwerke oder Werke der bildenden Kunst, geschützt. Daneben können auch Markenrechte Dritter verletzt sowie Wettbewerbsverstöße begangen werden, wenn zum Beispiel der Imagewert übernommen wird, die sonst einer Einwilligung und Zahlung bedurft hätten (z.B. wenn ein lokaler Computerhändler mit einem Apple-Meme oder einem Künstler-Meme werben würde). Ebenso ist es möglich, dass unternehmerischen Werte herabgewürdigt werden. Zusätzlich können Persönlichkeitsrechte der auf den Memes abgebildeten Personen verletzt werden.

Memes, die nur aus Texten bestehen, werden dagegen selten geschützt sein, da Texte eine gewisse Länge benötigen, um die urheberrechtliche Schöpfungshöhe zu erreichen.

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Das auf einem britischen Motivationsplakat aus dem zweiten Weltkrieg basierende „Keep Calm“-Meme darf frei verwendet werden. Das Urheberrecht an dem Kronensymbol ist abgelaufen und die Worte „Keep Calm and …“ erreichen nicht die für das Urheberrecht nötige Schöpfungshöhe.

Eine andere Frage ist die Nachweisbarkeit der Urheberschaft. Bei vielen Memes, vor allem einfachen „Rage Comics„, ist kaum damit zu rechnen, dass jemand die Urheberschaft gerichtsfest nachweisen kann. Aber auch hier gibt es eine Ausnahme für das „Trollface“.

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Bei den bekannten Strichzeichnungen (sog. „Rage Faces“), ist der Ursprung praktisch nicht nachzuweisen, so dass bei deren Verwendung kaum Risiken bestehen. Das heißt, sie sind möglicherweise eine Rechtsverletzung, jedoch eine die sehr wahrscheinlich folgenlos bleiben wird.

Kein Recht auf Remix

Als Argument für die Meme-Nutzung wir häufig vorgebracht, dass Memes quasi zum gemeinfreien Kulturgut gehören und daher verbreitet werden dürfen. Doch es wäre ein Irrtum, dieser Ansicht zu folgen.

Anders als in den USA, gibt es in Deutschland kein flexibles „fair use„-Prinzip im Urheberrecht. Es gibt nur starr benannte „Urheberrechtsschranken“, wie das Zitatrecht im § 51 UrhG. Dieses erlaubt jedoch nur dann fremde Werke zu verwenden, wenn sie als Beleg eigener geistiger Ausführungen notwendig sind (z.B. wie in diesem Beitrag).

[sc name=“tshinweisboxBEGIN“]Zitatrecht: Mehr über Bildzitate erfahren Sie in meinem Beitrag: Wann ist ein Bildzitat erlaubt? – Anleitung mit Beispielen und Checkliste und über Text-Zitate in: Texte richtig zitieren, statt plagiieren (Anleitung mit Checkliste).[sc name=“tshinweisboxEND“]

Es gibt zwar ein Recht auf „freie Benutzung“ im § 24 UrhG, welches satirische Auseinandersetzungen erlaubt. Jedoch müssen diese eine Kritik an dem Objekt der Abwandlung selbst oder den Rechteinhabern beinhalten. Zum Beispiel ist es erlaubt die Figur „Micky Maus“ abwertend darzustellen, um so den Disney Konzern zu kritisieren. Es wäre jedoch nicht erlaubt diese Figur ohne diesen kritischen Bezug als Meme einzusetzen, um z.B. für eigene Produkte zu werben.

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Das Meme beinhaltet urheberrechtlich geschützte Filmausschnitte sowie die Zeichnung der Micky Maus. Jedoch werden die Elemente entsprechend § 24 UrhG in einem parodistischem Kontext genutzt. Sie sind Träger der Meinung zur Übernahme des für die „Star Wars“-Filme bekannten „Lucas Films“ durch den Disney Konzern.

Ebenso reicht auch die Popularität der Memes nicht als Rechtfertigungsgrund aus. An dieser Stelle gilt der Grundsatz, dass „ein vielfach begangenes Unrecht noch kein Recht begründet“.

Risiken der Memenutzung

Betreiber von Plattformen, auf denen Nutzer Memes posten, wie Facebook oder 9Gag sind keine lohnenswerte Ziele für Abmahner. Sie können sich auf das Haftungsprivileg für User Generated Content berufen (§ 10 TMG). Das heißt, sie können erst belangt werden, wenn die Memes nach einem Hinweis auf die Rechtsverstöße nicht entfernt werden (es sei denn sie bieten eigene Meme-Generatoren an, denn dann können sie selbst abgemahnt werden).

Anders sieht es dagegen bei Unternehmen aus, die rechtlich geschütztes Memes für die eigenen Werbezwecke oder als Produktmotive (z.B. Tassen oder T-Shirts) nutzen. In solchen Fällen kann sich ein Vorgehen der Rechteinhaber durchaus lohnen. So reichten z.B. die Inhaber der Rechte an dem bekannten „Nyan Cat“ und der „Keyboard Cat“ eine Klage gegen Warner Brothers ein, nachdem die Figuren in einem Spiel verwendet wurden.

https://www.youtube.com/watch?v=QH2-TGUlwu4

Privatpersonen hatten bisher wenig zu befürchten. Der Fall das „Awkward Penguins“ zeigt jedoch, dass doch Gefahren lauern können (auch wenn das Blog in dem Fall nicht eindeutig privat war). Denn in Memes verwendete Bilder, können mittels Bildalgorithmen automatisch gefunden werden. Aus Erfahrung kann ich mir jedoch vorstellen, dass nur dann rechtswidrige Memes in Blogs abgemahnt werden, wenn anhand des Impressums der Betreiber einfach zu ermitteln ist.

In Social Media Profilen wird die Ermittlung der Personen dagegen aufwendiger sein. Insoweit kann der häufig gehörte und rechtlich haltbare Ratschlag, als Privatnutzer kein Impressum zu führen, nachvollzogen werden.

Bei vielen Memes ist zudem nicht mit einem Vorgehen der Rechteinhaber zu rechnen, da sie häufig von den Memes profitieren. Würden z.B. Filmemacher gegen Memes vorgehen, hätten sie einen Imageschaden zu befürchten. Primär geht das Risko daher von Memes aus, die auf Fotografien oder Zeichnungen basieren.

Wie schwer jedoch die rechtliche Einschätzung ist, zeigte z.B. der Fall des Technovikings, wie Kollege Kompa im t3n-Magazin erklärt.

[sc name=“tshinweisboxBEGIN“]Risiko verteilen: Als Werbeagentur oder Social Media Manager sollten Sie die Kunden auf mögliche Risiken von Memes hinweisen und um dessen Einverständnis zu deren Nutzung bitten.[sc name=“tshinweisboxEND“]

Fazit und Praxistipps

Bei Memes wird deutlich, wie sehr die Legalität (also was zulässig ist) und Legitimität (also was für zulässig gehalten wird), im Internet auseinander driften. Die meisten Memes sind rechtlich geschützt und nur einfache Text-Memes oder vielleicht noch die Rage Faces (außer dem Trollface) können ohne Risiken verwendet werden.

Darüber hinaus, scheinen Rechteinhaber nun Memes als Geldquelle entdeckt zu haben. Dabei ist das Risiko am höchsten bei Unternehmen, die Memes zu Werbezwecken einsetzen. In diesem Fall rate ich immer zu einer Recherche zwecks Klärung der Risiken. Hat das Meme ein Stockbild als Grundlage, rate ich von der Nutzung auf jeden Fall ab (außer Sie erwerben zugleich die Rechte zur Nutzung dieses Stockbildes).

Der Fall des „Socially Awkward Penguin“ zeigt, dass auch Blogger betroffen sein können und sie daher auch ihre Blog-Archive prüfen sollten, bevor diese sich als „Goldgruben“ für andere entpuppen.

Bei der Nutzung in Social Media sehe ich dagegen zumindest bei Privatpersonen nur sehr geringe Gefahren. Notfalls können Sie Ersatzpinguine verwenden:

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Der „neue“ Pinguin ist ist infolge der Rechnung von Getty Images von getDigital frei zur Verfügung durch Jedermann veröffentlicht worden (CC0-Lizenz).

Update 04.09.2015

Bei Netzpolitik macht sich Leonhard Dobusch Gedanken, wie und warum man die Nutzung von Memes rechtlich nicht sanktionieren sollte: Urheberrecht auf Memes? Getty Images, der „Socially Awkward Penguin“ und eine Lösung aus dem Markenrecht. Dabei sollen das allgemeine Rechtsempfinden und die kulturelle Bedeutung von Memes berücksichtigt werden. Ich stehe völlig hinter den Vorschlägen und hoffe sie werden von Gerichten im Fall der Fälle, zumindest im Rahmen der Bemessung der Streitwerte und des Schadensersatzes berücksichtigt werden.

 

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