Letzte Woche ist das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken„, besser bekannt als das „Anti-Abzock-Gesetz“ in Kraft getreten. Das Gesetz bringt tatsächlich einige Vorteile für die Abgemahnten mit sich. Unter anderem auch eine Kappung der Abmahnungsgebühren bei Urheberrechtsverstößen auf 150 €.
Ich habe schon vielerorts gelesen, dass vor allem Bilderabmahnungen nun als weniger bedrohlich angesehen werden. Das ist jedoch ein großer Irrtum, der zu sorgloserem Umgang mit Bilderrechten verleitet. Das kann sich jedoch schnell rächen, wie ich in diesem Beitrag erkläre.
Weitere Informationen zum Thema: Weitere Beiträge zu Bilderrechten, eine FAQ sowie ein Podcast zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite: Bilderrechte & Bilderabmahnung
Die beschränkte Beschränkung der Abmahngebühren
Nach § 97a Abs.3 UrhG wird der Streitwert für Abmahnungen auf 1.000 € beschränkt, was dazu führt, dass ein Anwalt maximal rund 150 € für die Abmahnung verlangen kann (ist der Abmahner vorsteuerberechtigt, sind es rund 120 €). Die Kostendeckelung hat jedoch die folgenden Tücken:
- Nur für Privatpersonen – Sobald Sie z.B. ein Blog betreiben, das Sie mit Einnahmen aus Anzeigen finanzieren oder damit für Ihre Leistungen als Freelancer werben, handeln Sie nicht mehr privat sondern geschäftlich. Damit hilft das neue Gesetz semi-professionellen Bloggern, die nach meiner Erfahrung am häufigsten unter Bildabmahnungen leiden, gar nicht.
- Nur bei erstmaliger Abmahnung – Das Gesetz greift nicht, wenn man bereits durch denselben Abmahner erfolgreich abgemahnt worden ist.
- Ausnahme bei Unbilligkeit – In Ausnahmefällen kann auch ein höherer Streitwert erfolgen. Das kann bei komplizierten Urheberrechtsverstößen der Fall sein oder wenn er umfangreich ist und viele Bilder unbefugt verwendet worden sind. Es ist zu erwarten, dass Abmahner sich immer darauf berufen werden.
Bis hierher könnten sich zumindest noch die Privatpersonen über die Änderung freuen. Das kann anders aussehen, wenn man den Schadensersatz dazu rechnet.
Hinweis zu gesetzlichen Änderungen: Das Gesetz regelt nicht nur urheberrechtliche, sondern auch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen. Dazu empfehle ich den Beitrag vom Kollegen Ferner. Das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ ist zudem kein selbständiges Gesetz, wie z.B. das Urheberrechtsgesetz. Statt dessen regelt es, dass bestehende Gesetze geändert werden, z.B. der § 97a UrhG (Bei Buzer.de gibt es eine Übersicht der Änderungen).
Schadensersatzanspruch wird nicht gemindert
Die Kosten einer Abmahnung setzen sich aus zwei Posten zusammen:
- Abmahnungsgebühr – Das sind die Kosten, die ein Rechtsanwalt für die Erstellung der Abmahnung verlangt. Nur diese Gebühr wird gekappt.
- Schadensersatz – Der Schadensersatz wird in der Regel anhand einer fiktiven Lizenzgebühr berechnet, d.h. dessen was der Urheber für die Nutzung sonst erhalten würde. Fehlt zudem der Urheberhinweis bei dem Bild, steigt der Schadensersatz nochmal um bis zu 100%. Dieser Posten ist in der Regel höher als die Abmahnungsgebühr.
Wer z.B. wegen einer einjährigen unerlaubten Bildnutzung eines professionellen Fotografen abgemahnt wird, zahlt 150 € Abmahnungsgebühren und ca. 600 € Schadensersatz, also 750 €. Dazu kommen noch die Kosten des eigenen Rechtsanwalts.
Das heißt, ein Kostenrisiko sind Bildabmahnungen weiterhin. Genau genommen, können sich die Änderungen sogar nachteilig auswirken.
Vorteil oder doch ein Nachteil?
Bereits vor der Gesetzesänderung gab es im § 97a Abs.2 UrhG (alte Fassung) eine Kappung der Abmahnungskosten auf 100 €, die wir für unsere Mandanten geltend machen konnten. Nun können wir uns nur auf 150 € berufen.
Zudem werden die Kosten ohnehin im Regelfall als Gesamtbetrag ausgehandelt. Wie sie dann zwischen den Rechteinhabern und deren Anwälten verteilt werden, ist ohnehin kaum nachzuvollziehen.
Zwar ist die derzeitige Kappung als Regelfall (mit der Ausnahme der Unbilligkeit) gestaltet, während sie früher eine Ausnahme war. Jedoch denke ich, dass in der Praxis diese juristische Feinheit kaum Auswirkung haben wird.
Damit will ich nicht sagen, dass die Änderungen gar keine Vorteile mit sich bringen.
Die Vorteile des Anti-Abzock-Gesetzes
Eine wesentliche Neuerung ist, dass Rechteinhaber nun am Wohnort der abgemahnten Privatperson klagen müssen (§ 104a UrhG). Das ist ein Vorteil, denn bisher haben die Abmahner sich ein Lieblingsgericht ausgesucht, das potenziell eher in ihrem Sinne entschied (so genannter „fliegender Gerichtsstand„). Jetzt wird die Abmahnung risikoreicher.
Auch dürfen vorgefertigte Unterlassungen nicht zu weit gefasst werden. Es gab z.B. immer wieder Fälle in denen die Unterlassung der Nutzung jeglicher Bilder eines Fotografen verlangt wurde. Eine solche Unterlassungsaufforderung wäre zu weit gefasst, da man nur die Unterlassung des konkreten unerlaubt verwendeten Bildes verlangen kann. Anderseits kann das dazu führen, dass die Abgemahnten ihre Unterlassungserklärungen selbst formulieren müssen, wie Kollege Lachemann erklärt.
Ferner können endlich die Kosten für unberechtigte Abmahnungen auf gesetzlicher Grundlage zurück verlangt werden.
Das gilt auch, wenn zwar die Abmahnung dem Grunde nach berechtigt war, aber Formfehler enthielt und deswegen unwirksam war. In diesem Fall müssen Sie zwar weiterhin eine Unterlassungserklärung abgeben und den Schadensersatz bezahlen. Jedoch muss der Abmahner Ihnen die Kosten Ihres Anwalts erstatten.
Hinweis Klageverfahren: Die Kappung der Kosten gilt nur für das Abmahnungsverfahren. D.h. wer eine Abmahnung aussitzen will (was viele immer noch tun), sollte bedenken, dass er nach einem Gerichtsverfahren statt der 150 € insgesamt plötzlich 2.000 € Verfahrenskosten bezahlen muss.
Fazit
Das Gesetz kann sich insoweit positiv auswirken, als wegen der Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands und der Kostenerstattung für fehlerhafte Abmahnungen das Abmahnen risikoreicher und unbequemer wird. Das heißt die Anzahl unseriöser Abmahnungen kann durchaus zurück gehen. Das trifft jedoch aus meiner Erfahrung nur auf einen Teil der Bilderabmahnungen zu.
Im übrigen wird das Gesetz im Fall von Bildabmahnungen keine finanziellen Vorteile mit sich bringen.
Ohnehin profitieren nur Privatpersonen von der Gebührenkappung. Wer z.B. mit dem Gedanken spielt das eigene Blog monetarisieren zu wollen, sollte immer die dadurch entstehende Gefahr von Abmahnungen als potentiellen Ausgabenposten mit berücksichtigen.
[callto:abmahnung]