Hashtagverbot für #Rio2016, #Gold oder #Sommer? – Rechtliche Hinweise zur Werbung mit Olympia

Im Netz macht sich Unmut über die Richtlinien des Internationalen Olympisches Komitee (IOC) zur Berichterstattung über die Olympischen Spiele in Rio breit. Angeblich soll das Hashtag „#Rio2016“ explizit verboten sein. Auch die Nutzung von Begriffen wie Sommer oder Rio soll nicht erlaubt sein. Das kann zwar stimmen, aber nur in bestimmten Konstellationen.

Zunächst gelten die Verbote nicht für Privatpersonen, sondern nur für Unternehmen/Freiberufler. Aber auch die Letzteren dürfen die Begriffe nutzen, wenn sie nicht kommerziellen Zwecken, sondern der Diskussion dienen.

Im Folgenden erläutere ich Ihnen wann das Hahstag #Rio2016 und die anderen Begrifflichkeiten genutzt werden dürfen und wann nicht. Des Weiteren gehe ich auch auf das Olympiaschutzgesetz und die Nutzung von Bildaufnahmen ein

Markenschutz des Hashtags #Rio2016

olypmpische_spiele_2016_recht_marke
Die Unionsmarke ist für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen angemeldet.

Ich habe bereits vor kurzem im Rahmen der #EM2016 ausführlich beschrieben, wann geschützte Marken im Rahmen von Sportereignissen als Hashtags genutzt werden dürfen. Daher folgt hier eine zusammenfassende Darstellung:

  • Die Abkürzung „RIO 2016“ ist von dem Internationalen Olympisches Komitee (IOC) als Marke für praktisch alle möglichen Produkte und Dienstleistungen angemeldet. Der Schutz umfasst auch das zusammengeschriebene Hashtag „#Rio2016“.
  • Es handelt sich dabei um eine bekannte Marke, die auch vor einem Imagetransfer geschützt ist (d.h. der Ausnutzung der ihr zuteilwerdenden Aufmerksamkeit und Reputation).
  • Der Schutz beschränkt sich auf eine markenmäßige und geschäftliche Nutzung, gilt jedoch nicht für ihre kommunikative Nutzung.

[sc name=“tshinweisboxBEGIN“]Markenrechtliche Schutzpflicht: Inhaber von Marken müssen sich um deren Schutz kümmern. Es besteht die Gefahr, dass sie sich nicht mehr auf deren Rechte berufen können, wenn eine Marke zu einem geläufigen Begriff werden würde. Dann würde sie zum Allgemeingut oder zumindest „verwässert“ und das IOC dürfte deren Nutzung nicht oder nur eingeschränkt untersagen. Insoweit ist es nachvollziehbar, dass das IOC ausdrücklich auf den Schutz der Marke verweist und diesen durchsetzt. Ob dies bei kurzen Veranstaltungen notwendig ist und die negative PR nicht mehr schadet, kann man durchaus diskutieren. Ebenso wie die Frage, ob die Marke selbst überhaupt schutzfähig ist.[sc name=“tshinweisboxEND“]

Wann liegt eine erlaubte und wann eine verbotene Nutzung vor?

  • Kommunikative Nutzung einer Marke bedeutet, dass Sie die Marke im Rahmen von Stellungnahmen, Kritiken oder beschreibenden Verweisen zu Geschehnissen verwenden, ähnlich wie Sie es in einem Gespräch mit anderen Personen täten.
  • Eine markenmäßige Nutzung liegt dagegen vor, wenn Sie die Marke nennen, um damit auf Ihre Leistungen, Angebote oder das Unternehmen zu verweisen,

Diese Abgrenzung ist nicht einfach, da bei Unternehmen grundsätzlich jede nicht-interne Handlung und Aussage werbend, also kommerziell ist. D.h. Im Zweifel sollten Sie davon ausgehen, dass Sie das Hashtag markenmäßig nutzen. Ich werde dies nachfolgend anhand von Beispielen erläutern.

Was auf jeden Fall untersagt ist, sind Postings wie:

Gewinnspiel! Sportartikel zu gewinnen! #Rio2016

oder

Brasilianische Wochen: Unsere sportlichen Sonderangebote! #Rio2016

Kritisch wird es auch, wenn Sie z.B. Sportler unterstützen und diese in Rio starten. In diesem Fall wird m.E. aufgrund der Verbindung SportlerIn-Veranstaltung ein Imagetransfer stattfinden. Unzulässig wäre also ein Posting wie dieses:

Der von uns gesponserte Heinz Huber holt in Rio die Goldmedaille #Rio2016.

Kritisch (m.E. aber zulässig, dazu gleich mehr) sind auch Aussagen ohne oder nur mit geringem Meinungswert:

Wir freuen uns über die Goldmedaille von Claudia Magikarp #Rio2016.

Dagegen wären z.B. die folgenden rein beschreibenden oder meinungshaltigen Aussagen m.E. eindeutig zulässig:

Heute sind alle müde im Betrieb, zu lange die Entscheidung im 100m-Lauf geschaut #Rio2016.

oder

Es wird spannend, welche Dopingkünstler wohl am schnellsten laufen #Rio2016.

Auch berichtende, kritische oder erläuternde Artikel und Beiträge (einen solchen lesen Sie gerade) sind zulässig.

[sc name=“tshinweisboxBEGIN“]Funktion von Hashtags: Hashtags helfen dabei, thematisch zusammengehörende Diskussionen innerhalb sozialer Netzwerke zusammenzuführen, z.B. bei Twitter, Instagram und (mit weniger Erfolg) bei Facebook. D.h. die Hashtags werden automatisch als Schlagworte erkannt und mit anderen Beiträgen, die das Hashtag enthalten, auf einer Übersichtsseite gemeinsam dargestellt.[sc name=“tshinweisboxEND“]

Weitere „olympische Einschränkungen“

Auch wenn der Leitfaden des DOSB einseitig im Hinblick auf geschützte Markenbegriffe sein mag, zeigt er gut, bei welchen Arten von Marketing Sie rechtlich vorsichtig sein müssen. Ferner enthält er auch die Vorgaben für die Teilnehmer und deren Sponsoren, die zudem speziellen Verbandsregeln unterliegen.

Neben der speziellen Marke „RIO 2016“ für die olympischen Spiele müssen Sie auch das Olympiaschutzgesetz beachten, welches die Nutzung der Olympischen Ringe und die Wörter „Olympiade„, „Olympia„, „olympisch“ sowie vergleichbaren Begriffen ohne Einwilligung des Internationalen oder deutschen Olympischen Verbandes untersagt.

In jedem Fall dürfen auch das offiziellen Logos der Olympischen Spiele 2016 oder der Veranstalter nicht verwendet werden.

Daneben sind lt. des „Leitfadens der Deutschen Olympiamannschaft für die Olympischen Spiele Rio 2016“ ebenfalls die folgenden Begriffe untersagt:

  • Olympische Spiele/Spiele/Sommer
  • Rio 2016/2016/Rio/Rio de Janeiro
  • Gold/Silber/Bronze/Medaille/Podest
  • Deutsche Olympiamannschaft

Allerdings sind auch dies grobe Hinweise, zumal allgemeinsprachliche Begriffe wie „Gold„, „Rio“ oder „Sommer„, rechtlich nicht geschützt sind. Übersetzt heißt dieses Verbot:

Sie dürfen diese Begriffe nicht verwenden, wenn der Bezug zu ihren Leistungen oder ihrem Unternehmen den Eindruck einer offiziellen Kooperation oder Sponsorings mit den Veranstaltern der olympischen Spiele entstehen lassen könnte.

Es gilt also im Prinzip das oben zum Hashtag #Rio2016 gesagte: Kommunikative Nutzung ist ok, kommerzielle Nutzung gefährlich.

Diese differenzierende Sichtweise verdeutlicht auch eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2014 (Urteil v. 15.05.2014, Az. I ZR 131/13). Das Gericht entschied, dass die Werbung mit „Olympischen Preisen“ oder „Olympia Rabatt“ nicht automatisch einen Verstoß darstellt. Das gilt zumindest dann, wenn damit eher auf die Qualität der Preise „olympisch im Sinne von herausragend“ und nicht der Bezug zu dem Sportereignis gemeint ist. Bloße zeitliche Koinzidenz oder allgemeinsprachliche Anspielung sei nicht ausreichend.

Dieser Bezug wäre jedoch sofort da, wenn Sie zusätzlich das Hashtag „#Rio2016“ verwenden würden. Bei dem Begriff „Sommer“ würde ich es jedoch nicht so sehen. Den Sommer gibt es auch ohne Olympia. „Rio de Janeiro“ und „Gold“ oder „Medaillen“ ebenso, aber spätestens ab hier drängen sich je nach Gestaltung der Werbemittel, starke Assoziationen auf (wenn z.B. Aufnahmen aus Rio de Janeiro verwendet werden).

olypmpische_spiele_2016_recht_parodie
Dieses Beispiel aus dem Jahr 2012, als die olympischen Spiele mit ähnlichen Werbebeschränkungen in London stattfanden, halte ich für zulässig. Die parodistische Auseinandersetzung mit den Verboten, macht deutlich, dass keine offizielle Verbindung zu den olympischen Spielen besteht. Ich denke aber, dass das IOC es anders sehen würde (Quelle und weitere Beispiele).
olypmpische_spiele_2016_recht_parodie2
Auch in diesem Beispiel sehe ich eine Parodie, die klar eine Kritik an den Beschränkungen enthält (Quelle und weitere Beispiele).
sixt_Werbung_rio
In klassischer Manier nimmt auch Sixt Stellung zu der öffentlichen #Rio2016-Diskussion und zeigt, wie man sie rechtssicher für Werbezwecke nutzen kann. Dadurch, dass die satirische Meinungskundgabe erkennbar im Vordergrund steht, entsteht kein Anschein, dass Sixt ein offizieller Olympiasponsor ist (zur Sixt-Werbung empfehle ich auch den Beitrag: Anleitung zur Werbung mit Politikern & Prominenten).

Sharing, Retweets und die Kommunikationskultur

Bei all den rechtlichen Gesprächen rund um die Rechte der offiziellen Verbände und Veranstalter, wird m.E. die Kommunikationskultur im sozialen Netz nicht hinreichend gewürdigt. Z.B. ist üblich, dass Unternehmen auf Twitter Hashtags zur Diskussionsverfolgung nutzen. Wenn jetzt ein Rechteinhaber die eigene Marke selbst als Hashtag einsetzt (s. das folgende Beispiel), dann sehe ich darin eine Art Einwilligung das Hashtag im Rahmen dieser Kommunikation zu nutzen.

olypmpische_spiele_2016_recht_tweet
Der offizielle Account der deutschen Olympiamanschaft, führt selbst die „Taboo-Begriffe“ bei Tweeter in die Diskussion ein. Der Retweet dieses Beitrags wäre zulässig, da DOSB den Retweets durch andere Nutzer in den AGB von Twitter zugestimmt hat.

Aus diesen Gründen sehe ich die Verwendung der o.g. Hashtags im Rahmen von Diskussionen rund um Olympia, zumindest solange Unternehmen keine Bezüge zu eigenen Leistungen herstellen, als zulässig an.

Erst Recht halte ich Retweets, bzw. das Teilen derartiger Inhalte für erlaubt, da auch das Sharing zur Diskussionskultur in sozialen Netzwerken gehört. (Update) Das gilt vor allem für die Retweets/Shares von Inhalten, die von offiziellen Stellen verfasst worden sind:

[sc name=“tshinweisboxBEGIN“]Disclaimer und Risiken: Beachten Sie bitte, dass diese Aussagen meine Ansichten darstellen und dieser Artikel nur die Spitze der rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit Olympia-Werbung berührt. In der Vergangenheit wurden die „Freiräume“ für die Kommunikation häufig erst vor Gericht erkämpft, was in allen Instanzen gut und gerne 50.000 Euro oder mehr kosten kann, falls Sie am Ende unterliegen. D.h. vor allem Punkte, die ich oben als kritisch bezeichnete, sollten Sie meiden, wenn Sie diesen Betrag nicht aufs Spiel setzen möchten.[sc name=“tshinweisboxEND“]

Risiken

Wenn Sie markenrechtlich geschützte Begriffe unerlaubterweise verwenden oder den Eindruck eines offiziellen Sponsorings entstehen lassen, drohen Ihnen die folgenden Konsequenzen:

  • Sie können sie zunächst vom IOC wegen eines Markenrechtsverstoßes abgemahnt werden.
  • Daneben sind auch Abmahnungen von Mitbewerbern möglich, wenn Sie die Marktteilnehmer unlauter in die Irre führen (§ 5 UWG).
  • Die Folgen sind eine Pflicht zur Abgabe einer Unterlassungserklärung die einen erneute Verstoß mit einer Vertragsstrafe ahndet (ca. 5.000 Euro) und Übernahme der Kosten der Abmahnung sowie die Kosten des eigenen Anwalts, welche sich zusammen ebenfalls auf rund diesen Betrag belaufen können.

Bilder der Veranstaltungen

Neben den Begrifflichkeiten, wies das IOC auch darauf hin, dass Aufnahmen der Veranstaltungen nicht veröffentlicht werden dürfen. Auch das ist durchaus zutreffend:

Innerhalb der Veranstaltungsorte herrscht das Hausrecht der Veranstalter, weshalb zumindest die Nutzung von Aufnahmen zu geschäftlichen Zwecken ohne Erlaubnis untersagt ist (auch wenn sie ursprünglich von Privatpersonen aufgenommen worden sind).

Das gilt auch für Aufnahmen die Fotografen oder Stock-Agenturen anbieten. Hier müssen Sie klären, ob die geplante kommerzielle Nutzung in der Lizenz mitenthalten ist oder nur redaktionelle Nutzung (d.h. im Rahmen der Berichterstattung) zulässig ist.

Fazit und Praxistipps

Dass Inhaber von Markenrechten für Sportveranstaltungen gerne mehr verlangen als ihnen gesetzlich zusteht, ist nicht neu. Was sie nicht verbieten können, ist die Meinungsfreiheit, die auch Unternehmen zusteht.

Hashtags sind als Mittel zur Gruppierung von Diskussionen ein Teil der Meinungsfreiheit. Jedoch wird ihre Nutzung, genauso wie die Meinungsfreiheit eingeschränkt, wenn die kommerziellen Interessen im Vordergrund stehen.

Da sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass die Verbote auch durchgesetzt oder von Mitbewerbern abgemahnt werden, sollten Sie Vorsicht walten lassen:

  • Nur wenn Sie sich sehr sicher sind, dass Ihre Aussage, Tweet oder Posting rein kommunikativ sind (z.B. Gespräch, Kritik, Parodie, m.E. auch Sharing), dürfen Sie das Hashtag nutzen.
  • Sobald Sie jedoch mit dem Hintergedanken an eine Werbewirkung handeln, sollten Sie sich rechtlich sehr sicher sein.

Am Ende ist aber festzustellen, dass die Veranstalter mit ihrer einseitigen Informationspolitik nicht unbedingt zur Klarheit der Werbung mit Olympia beitragen und m.E. eher auf übertriebene Abschreckung als Aufklärung setzen. Social Media geht anders.

Weiterführende Links

Update 05.08.2016

In diesem Interview erklärt RA Thomas Stadler sehr gut, dass Privatpersonen und Sportler selbst nicht betroffen sind – zumindest, wenn sie ihre Sponsoren nicht erwähnen: Hashtags bei Olympia 2016: Was auf Twitter, Facebook & Co. erlaubt ist – und was nicht.

Der DOSB versucht die Wogen zu glätten, bringt für betroffene Unternehmen aber auch kein Licht ins Dunkel, weil eben der problematische Begriff „kommerzielle Absichten“ nicht geklärt wird:

https://twitter.com/DOSB/status/760468668455190528

Im MorgenMagazin des ZDF habe ich erläutert wann Athleten eingeschränkt sind und worauf ihre Sponsoren zu achten haben:

Der Autovermieter Sixt hat ebenfalls in klassischer Manier reagiert und Diskussion rund um das #Rio2016 auf die Schippe genommen.

[callto:marketing]

Hashtagverbot für #Rio2016, #Gold oder #Sommer? – Rechtliche Hinweise zur Werbung mit Olympia
Nach oben scrollen