Vor ca. einem Jahr wurde ich von einem Kollegen wegen eines angeblich fehlenden Impressums bei Xing abgemahnt. Nach erfolglosen Versuchen die Sache unter Kollegen zu regeln, und einigen folgenden Schriftsätzen ist die Sache nun vor dem Landgericht Berlin zum Abschluss gekommen.
Rechtsanwalt Winter gab am Ende der Verhandlung, die der Richter mit den Worten „Ich glaube nicht, dass ich wir hier über die Möglichkeit einer Einigung sprechen müssen, denn für mich ist der Fall eindeutig“ begonnen hat, auf.
Wie man jedoch trotz zweier Impressen abgemahnt werden kann, ob ein Impressum bei Xing erforderlich ist und warum die „Wayback-Machine“ auch in Prozessen nützlich sein kann, können Sie im folgenden Beitrag nachlesen.
Zusammenfassung der Vorgeschichte
Der Kollege mahnte eine Vielzahl von Anwälten wegen fehlender Impressen ab. Insbesondere wurden angeblich fehlende oder unzureichende Impressen von Xing-Profilen abgemahnt. Neben Rechtsanwälten Bräuer, Fuschi und Ulbricht gehörte auch ich zu den ersten „Glücklichen“.
Da ich bei Xing zwei Impressen besaß, versuchte ich den Kollegen Winter telefonisch auf seinen Irrtum hinzuweisen. Zusätzlich gab ich ihm schriftlich die Möglichkeit, seine Abmahnung zurück zu nehmen (dazu mein Beitrag „#challengeaccepted: Ich bin wegen meines Xing-Impressums abgemahnt worden„). Leider meinte er hinreichende Beweise zu haben, die mich in Unrecht setzen würden.
Ich habe daher eine negative Feststellungsklage eingelegt, in der ich beantragte festzustellen, dass Rechtsanwalt Winter im Unrecht ist. Dabei gab es mehrere Streitpunkte, auf die ich im Folgenden eingehe.
Warum negative Feststellungsklage? Mit einer Klage will der Kläger seinen Anspruch gegenüber der anderen Partei durchsetzen. Die andere Partei kann dem Kläger jedoch zuvor kommen und die gerichtliche Feststellung beantragen, dass der Anspruch nicht besteht (=negative Feststellung). Der Vorteil bei Wettbewerbsstreitigkeiten wie hier, liegt vor allem darin, dass derjenige, der „zuerst zieht“ den Ort des Verfahrens bestimmen kann.
Ist ein Impressum bei Xing erforderlich?
Ein Impressum ist auch für Social Media Profile erforderlich, zumindest wenn diese einer Website gleich kommen. D.h. sie müssen vereinfach ausgedrückt optisch & inhaltlich gestaltbar sein. Im Fall von Xing meine ich, dass es an der Gestaltbarkeit des „Look & Feel“ bei Xing-Profilen fehlt, wie es Rechtsanwalt Schirmbacher in der K&R 2014, 611 schrieb:
Meine Anmerkung zum Fehlurteil des LG Stuttgart zu #xinggate ist jetzt gedruckt – K&R 9/2014, S. 611 #Impressum pic.twitter.com/aq1mG4zj5h
— Martin Schirmbacher (@mschirmbacher) September 3, 2014
So scheint es auch das OLG Stuttgart zu sehen, wie Kollege Ulbricht berichtete. Anders sah es lt. Kollegen Fuschi das OLG München.
Auch in meinem Fall ließ der Richter durchblicken, dass er eher von der Impressumspflicht ausgeht. Dabei verwies er auf eine wohl nicht veröffentlichte Entscheidung des LG Berlin vom 26.09.2014, Az. 15 O 240/14, in der die Impressumspflicht bei Xing bejaht wurde.
D.h. die Rechtslage bleibt leider unklar und ich empfehle Ihnen bei Xing (und LinkedIn) ein Impressum zu führen.
Tipp zur Impressumspflicht: Wie Sie Impressen in Ihre Social-Media-Präsenzen aufnehmen, können Sie in dem Beitrag „Nach Abmahnungen bei Facebook – Impressumspflicht bei Google+, Twitter, Youtube, Xing und LinkedIn erfüllen“ und was Facebook angeht unter „1500 Zeichen sind genug – FAQ zur der neuen Impressumsrubrik für Seiten“ nachlesen.
Ist ein Impressum am Ende eines Profils ausreichend?
In der mittlerweile aufgehobenen Entscheidung des LG Stuttgart hieß es, ein Impressums-Link am Ende des Xing-Profils sei zu klein und unauffällig. In meinem Fall sah das Gericht es ganz anders.
Rechtsanwalt Winter verglich das Xing-Profil mit einer Abo-Fallen-Seite und verwies auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt, Urteil vom 04.12.2008 – 6 U 187/07. Das Gericht meinte dort, dass der Impressumslink im „Kleingedruckten“ am Ende der Webseite unterging.
Diesen Vergleich lehnte der Richter in meinem Fall ab. Er verwies darauf, dass der Impressumslink alleine und für sich in einer separaten Zeile, und nicht zwischen anderen Angaben, stand. Zudem sagte er zutreffend, dass Nutzer heutzutage ein Impressum im Fussbereich einer Website erwarten.
War hinreichend bewiesen, dass ich kein Impressum hatte?
Die obigen Fragen waren jedoch letztendlich obsolet, da ich zwei Impressen hatte und Kollege Winter das Gericht nicht vom Gegenteil überzeugen konnte. Er legte dem Gericht eine nach seiner Ansicht „Kopie meines Profils“ vor, in der das fehlende Impressum seiner Meinung nach ersichtlich nicht vorhanden war.
In ca. fünf Schriftsätzen konnte ich Kollegen Winter leider nicht davon überzeugen, dass sein Ausdruck die Druckansicht meines Profils darstellt, in der ein Link nicht dargestellt wird. Zudem war es die Einsicht des Profils für nichteingeloggte Nutzer, welches mangels kontaktfähiger Informationen zu meiner Person, meines Erachtens eh keine Werbewirkung hatte.
Daraufhin meinte RA Winter, selbst beweisen zu können, dass ich keine Impressen gehabt hätte. Insbesondere hätte ich keinen Link in der „Mottozeile“ gehabt. Und wenn, dann war der Impressumslink nicht klickbar gewesen.
Das hat mich nun sehr verwundert, wie Kollege Winter sich zum einen erinnern konnte, dass ich kein Impressum hatte und zum anderen, dass das nicht vorhandene Impressum nicht klickbar war (unabhängig davon, dass m.E. ein Impressum auch dann ausreicht, wenn es nicht klickbar ist).
Ich reichte daraufhin einen Screenshot meines Xing-Profils von 2013 in der Wayback-Maschine ein, in dem das Impressum in der „Mottozeile“ erkennbar war (s. ganz unten). Darin werden Momentaufnahmen von Websites und auch von Xing-Profilen gespeichert. Der Richter maß der Wayback-Maschine eine starke Indizwirkung zu, die der Kollege nicht entkräften konnte.
Dieser benannte schließlich einen Zeugen für sein Vorbringen, das jedoch wenige Tage vor der Verhandlung, was der Richter entsprechend meiner Rüge für verspätet erklärte (immerhin bestand viel Zeit den Zeugen in einem fast einjährigem Verfahren zu benennen).
Fazit
Das ganze Verfahren hinterlässt bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Ich finde es immer noch sehr traurig, dass ein Anwaltskollege meint, nicht nur mich, sondern auch noch viele andere Anwälte abzumahnen. Besonders wenn sich darunter auch jene befinden, die sich bemühen, Licht in die Abmahnwelt zu bringen und sich für transparentere Neuregelungen aussprechen.
Mein Vertrauen in meinen Berufsstand habe ich jedoch nicht verloren, da ich sehr viel Hilfe von anderen Kollegen erfahren habe und die Zusammenarbeit wunderbar funktioniert hat. Danke besonders an die Kollegen Bräuer, Fuschi, Lampmann, Ulbricht und Plutte (der selbst nicht abgemahnt wurde). Daneben waren noch andere geschätzte Kollegen beteiligt, die ich jedoch nicht nenne, da ihre Fälle meines Wissens nicht publik sind.
Und was ich nun auch kenne, ist das Gefühl abgemahnt zu werden. Denn trotz der vielen Fälle, die ich bearbeitet habe, war es „mein erstes Mal“. Jetzt weiß ich selbst, wie es sich anfühlt wenn man aus allen Wolken fällt, nachdem man sich bemüht hat, alles richtig zu machen. Ich hoffe, diese Erfahrungen nun positiv einsetzen zu können, denn dann hat sich das Ganze unter dem Strich vielleicht doch irgendwie gelohnt.