Als Jurist in der Marketingbranche prüfe ich häufig neue Geschäftsideen und habe auch Verständnis, dass sich deren Erfinder mit veralteten Gesetzen auseinandersetzen müssen. Oft müssen sie daher im Graubereich des Rechts agieren. Im Fall von YourRate sehe ich dagegen tief schwarz.
Das neue Portal „YourRate“ bietet Unternehmen „objektive“ und „authentische“ Bewertungen gegen eine geringe Gebühr an. Dazu sucht es bereits nach Nutzern, die diese Bewertungen gegen eine Vergütung auf Bewertungsportalen verfassen. So verlockend das Konzept zu sein scheint, halte ich es nicht nur für alle Beteiligten für gefährlich sondern auch für das Vertrauen im Netz überhaupt. Denn die angebotene Vergütung pro Bewertung und die Tatsache, dass man einen Geschäftskontakt nicht nachweisen muss, wird den Erfindungsgeist der Bewertenden sicherlich enorm inspirieren und das Netz letztendlich überfluten.
Anders als beim Fankauf handelt es sich nach meiner Ansicht eindeutig um verbotene Schleichwerbung, die einen abmahnbaren Wettbewerbsverstoß darstellt. Lesen Sie warum und welche Folgen drohen.
Die rechtlichen Grundlagen
Die rechtlichen Grundlagen sind eindeutig, Bewertungen müssen immer objektiv sein. Auf jegliche wirtschaftliche Motivation muss hingewiesen werden:
- Schleichwerbung ist gesetzlich verboten und ein Verbraucher muss immer erkennen können, ob eine Bewertung aus freien Stücken erfolgt oder unerlaubterweise durch ein Unternehmen beeinflusst worden ist (§ 4 Nr. 3 UWG, § 6 Abs.1 Nr.1 TMG).
- Es ist bereits gerichtlich entscheiden, dass Kunden nicht für Bewertungen belohnt werden dürfen (OLG Hamm, Urteil v. 23.11.2010, Az. I-4 U 136/10). Auch wenn den Kunden keine Vorgaben gemacht werden. Denn schon die Entlohnung kann den Kunden zu einer positiveren Bewertung bewegen.
- Ebenso ist es nach einer Entscheidung nicht erlaubt mit Bewertungen zu werben, die nicht in einem objektiven Verfahren zustande gekommen sind (LG Duisburg, Urteil v. 21.03.2012, Az. 25 O 54/11).
- Auch die AGB der Bewertungsportale lassen nur objektive Bewertungen zu, z.B. Qype Nr. 6 „Bewerter“) „Inhalte die von Anbietern/Unternehmern selbst veranlasst wurden, sind nur als Selbstdarstellung zulässig;“.
Lesen Sie zu diesem Thema auch:
- Der legale Weg zum Like – rechtliche Grenzen auf der Jagd nach positiven Bewertungen
- Ist der Fankauf rechtlich doch zulässig? (Neue Ansichten und Umfrage)
Bewertungskonzept von YourRate
Das Bewertungskonzept von YourRate funktioniert wie folgt:
- Unternehmen können sich bei YourRate registrieren und Bewertungen in Auftrag geben.
- Nutzer können sich bei YourRate registrieren und auf einen Bewertungsjob bewerben. Dazu müssen Sie bei Bewertungsportalen wie Qype, Yelp, Google, ciao!, dooyoo, pointoo & Co registriert sein.
- Nach Zuteilung verfassen die Nutzer eine Bewertung, die von YourRate vor der Veröffentlichung geprüft wird.
- Anschließend erscheint die Bewertung innerhalb des Bewertungsportals, jedoch ohne einen Hinweis auf YourRate oder die Entlohnung der Nutzer.
- Die Nutzer erhalten ein Entgelt (z.B. 2 €), das von den Unternehmen nach Abzug einer Provision für YourRate getragen wird.
Weitere Informationen zu YourRate:
- Werbevideo von YourRate
- Neues Portal will Plattform für Bewertungen bieten bei News.de
- Neues Portal will „echte“ Online-Bewertungen bieten bei Focus.de
Rechtswidrigkeit der Bewertungen
Die Bewertungen, die Unternehmen über YourRate erwerben sind unzulässig, weil
- es sich um Schleichwerbung handelt, weil innerhalb der Bewertungen kein Hinweis auf deren Sponsoring erfolgt und
- gekaufte Bewertungen gegen die AGB der Bewertungsplattformen verstoßen
Den Einwand, dass die Nutzer dazu angehalten werden nur Bewertungen anzugeben, die den „Tatsachen entsprechen„, wird vor einem Gericht nicht greifen. Aufgrund des Gefahrenpotentials müsste YourRate,
- die Nutzer verpflichten nur Bewertungen abzugeben, wenn sie tatsächlich mit den Unternehmen zu tun hatten,
- den Bewertungen einen Hinweis auf das „Sponsoring“ beifügen und
- eine Erlaubnis der Bewertungsportale einholen.
Mögliche Rechtsfolgen
Unternehmen, die auf diese Art und Weise Bewertungen erwerben drohen:
- Abmahnungen von Verbrauchgerschutzzentralen, sowie Mitbewerbern. In deren Folge müssen die Unternehmen sich zur empfindlicher Vertragsstrafe bei Wiederholung und Übernahme der Anwaltsgebühren verpflichten (ca. 1.000 – 1.500 Euro kosten.) Und ich bin mir sicher, dass Unternehmen, die sich redlich um Bewertungen bemühen, hier sofort gegen Wettbewerber vorgehen werden.
- Ausschluss von den Bewertungsplattformen.
YourRate drohen:
- Abmahnungen von Verbrauchgerschutzzentralen, Mitbewerbern.
- Abmahnungen und Schadensersatzforderungen von den Bewertungsplattformen. YourRate stellt die Bewertungen als rechtlich zulässig dar (s. Werbevideo) und verleitet die Unternehmen und Bewerter zur Teilnahme. Das Geschäftskonzept schadet der Reputation der Bewertungsportale erheblich. Ich glaube nicht, dass es alleine ausreicht in den AGB darauf hinzuweisen, dass die Bewertungen den Tatsachen entsprechen müssen.
- Regressforderungen der teilnehmenden Unternehmen, die selbst abgemahnt worden sind. Ferner können diese Rückerstattung der Zahlungen für die Bewertungen verlangen. Dabei muss jedoch deren Mitverschulden berücksichtigt werden.
- Abmahnungen von unerwünscht eingetragenen Unternehmen. Ein Problem sehe ich, wenn Unternehmen ohne deren Wissen bei YourRate eingetragen werden. Soweit ich es sehe, findet keine Verfizierung der Eintragungen statt, wodurch angesichts des Geschäftsprinzips YourRate meines Erachtens für eigene Eintragungen oder solche durch Konkurrenten in Haftung genommen werden könnte.
Bewertern drohen:
- Ausschluss von den Bewertungsplattformen.
- Abmahnungen seitens von Bewertungsportalen (jedoch denke ich, dass die Wahrscheinlichkeit dafür angesichts des Nachforschungsaufwands eher gering ist).
Fazit und Praxistipp
Ich prüfe häufig Geschäftsideen und Marketingkampagnen auf deren rechtliche Zulässigkeit. In den meisten Fällen schaffe ich es, sie mit Änderungen rechtlich sicher zu gestalten. Nur selten muss ich sie ganz zurückweisen. Das Konzept von YourRate wäre leider in der derzeitigen Gestaltung so ein Fall. Ob man daran ohne Zusammenarbeit mit den Bewertungsportalen etwas ändern kann, bezweifle ich.
Denn setzt sich dieses Geschäftskonzept durch, können die Bewertungsportale ihre Dienste einstellen. Wer wird noch Nutzerbewertungen vertrauen, wenn sie so einfach zu „kaufen“ sind? Ich denke auch, dass die Bewertungsplattformen handeln müssen. Wenn sie nichts unternehmen, könnte es künftig in einer Abmahnung münden, wenn sich ein Unternehmen auf seine Qype-Bewertung beruft.
Unternehmen kann ich nur empfehlen von gekauften Bewertungen Abstand zu nehmen. Ein Mitbewerber oder auch ein Bewertungsportal könnte sie deswegen sofort abmahnen.
Hinweis: Die Grafiken und Bewertungen habe ich nicht selbst erstellt. Ich danke für den Hinweis und die Informationen.
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