Nerdcore.de – Fragen zur Pfändung einer Domain (Recht und Ungerecht)

Wie eine Abmahnung zur Domainpfändung führen kann, haben wir bereits erklärt. Mittlerweile sind so viele weitere Fragen in Kommentaren oder per Mail oder Telefon aufgetaucht, so dass ich nachfolgend Stellung nehmen will.

Einen besonderen Dank an die Hinweise von Henning Krieg von kriegsrecht.de, dem die Problematik der potentiellen Überbereicherung von Euroweb sofort ins Auge fiel. Einen sehr guten Überblick zu der Versteigerungsproblematik liefert auch Robert Basic in seinem Blog.

Ist eine Domain für einen Blogger nicht so wesentlich, dass man sie nicht pfänden darf?

Es gibt den § 811 Abs.1 Nr.5 Zivilprozessordnung (ZPO), der zwar für Pfändung von Sachen angewandt wird, aber dessen entsprechende Anwendung für sonstige Rechte, wie die Domain überlegt wird:

Folgende Sachen sind der Pfändung nicht unterworfen:

bei Personen, die aus ihrer körperlichen oder geistigen Arbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur Fortsetzung dieser Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände;

Doch auch bei entsprechender Anwendung der Vorschrift auf Domains ist es zweifelhaft, ob diese Vorschrift bei Domains einschlägig ist:

1. Die Domain darf nicht einfach austauschbar sein

Dazu hat bereits das Landgericht Mönchengladbach ausgeführt, dass dies nur gilt, wenn die Domain „sich im Rechtsverkehr durchgesetzt und nicht (mehr) ohne Weiteres gegen eine andere ausgetauscht werden kann“ und lehnte den Einwand im Fall eines Webdesigners mit dem Hinweis ab, dass „nur mit geringem finanziellen und tatsächlichen Aufwand ggfls. eine Ersatzdomain zu beschaffen“ sei (LG Mönchengladbach Beschluss v. 22.09.2004 Az. 5 T 445/04).

2. Die Domain müsste ein persönliches Arbeitsmittel sein

Zusätzlich schützt die Vorschrift nur die Mittel, die für die persönliche Arbeitsleistung notwendig sind. Sie schützt also nicht Kapital- oder Unternehmenswerte, die „von alleine arbeiten“. Also ist die Schreibmaschine eines Journalisten geschützt, aber nicht sein Zeitungsverlag.

Wenn eine Domain wie „Nerdcore.de“ so bekannt und werthaltig ist, liegt die Vermutung nahe, dass sie doch eher einen Kapitalwert, als ein persönliches Mittel darstellt. So kommt Cornelia Birner in ihrem Buch „Die Internet-Domain als Vermögensrecht“ (Mohr, Siebeck, Tübingen 2005, hier sogar bei Google Books entdeckt) auf S. 120 zu dem Ergebnis, dass die § 811 Abs.1 Nr.5 ZPO für Domains grundsätzlich nicht in Frage kommt.

Wie diese zwei Punkte im Fall von Nerdcore.de aussehen ist schwer zu beurteilen. René Walter sagt wohl, die Domain sei 70.000 Euro wert, was nach einem Kapitalmittel klingt. Ferner zeigt der schnelle Domainwechsel zu http://www.crackajack.de/, der dank Walters Vernetzung sich schnell herum spricht, dass die Domain wohl nicht  so unentbehrlich ist. Zusammen gefasst spricht doch einiges gegen einen Pfändungsschutz nach § 811 Abs.1 Nr.5 ZPO.

Falls dieser Punkt im dem Streit um Nerdocre.de relevant werden sollte, könnte diese Frage endlich praktisch behandelt werden.

Durfte die Domain gepfändet werden, obwohl René Walter seine Verbindlichkeiten gegenüber der Euroweb GmbH bezahlt hat?

Laut der Anwälte von Euroweb ist die Zahlung zu spät eingegangen. Daher durfte die Domain gepfändet werden, was auch passiert ist. Den verspätet gezahlten Betrag kann René Walter aber zurück verlangen.

Ist der Rechtsstaat am Ende, wenn Bloggern die Domain gepfändet werden können?

Nach dem bisherigen Kenntnisstand hat René Walter alle Abmahnungs-, Gerichts- und Pfändungsfristen verstreichen lassen. Ferner wurde er laut des vorliegenden Auszuges der Gerichtsentscheidung als Mitbewerber der Euroweb GmbH eingestuft, so dass es sich nicht um reine Unternehmen vs. Blogger, sondern Unternehmen vs. Unternehmen – Konstellation gehandelt hätte. Des Weiteren kann ein Gläubiger sich aussuchen in welche Güter des Schuldners er vollstreckt, wenn sie ihm als werthaltig und sicher erscheinen. Und dazu gehört auch die Domain.

Daher stimme ich Carsten Ulbricht zu, wenn er feststellt, dass „jedenfalls aus rechtlicher Sicht keinerlei Zweifel an der Rechtmäßigkeit des bisherigen Verlaufs“ bestehen. Ein anderer Punkt ist die moralische Sicht. Denn wie Udo Vetter zutreffend schreibt, hätte es nicht unbedingt die Domain sein müssen, die gepfändet wurde.

Moralische Fehler führen aber nicht zu rechtlicher Unwirksamkeit, sondern zu einer Gesellschaftskritik, die Euroweb derzeit erlebt.

Kann Euroweb über den gesamten Versteigerungserlös der Domain verfügen?

Werden Sachen (Autos, Computer, o.ä.) gepfändet und versteigert, so bekommt der Gläubiger (also derjenige, der pfänden lässt) nur den Anteil, der seiner Forderung entspricht. Den Rest bekommt der Schuldner (also derjenige, bei dem gepfändet wird).

Aber wie sieht es bei sonstigen Rechten wie einer Domain aus?

In diesem Fall hat der Gläubiger (= Euroweb) im Wesentlichen zwei Möglichkeiten:

1. Gläubiger lässt sich die Domain erfüllungshalber übertragen und verwerten
In diesem Fall geht es ihm darum das Geld für seine Forderung zu bekommen. Er wird nicht der Inhaber der Domain und trägt damit auch nicht das Risiko, wenn die Domain weniger wert ist als er dachte.

Beispiel:

Beträgt die Forderung des Gläubiger z.B. 2.000 Euro (wie wohl in diesem Fall) und die Domain wird nur für 1.000  Euro versteigert, hat der Gläubiger weiterhin einen Anspruch von 1.000 Euro gegenüber dem Schuldner(= Domaininhaber, hier René Walter). Ist die Domain aber 70.000 Euro wert, bekommt der Gläubiger nur 2.000 Euro und der Schuldner die überschüssigen 68.000 Euro

2. Gläubiger lässt sich die Domain an Zahlung statt übertragen

In diesem Fall wird die Domain nicht verwertet, sondern dem Gläubiger sofort übertragen, womit seine Ansprüche erloschen sind. Das ist im Fall von Euroweb geschehen. Dieser Fall ist selten, da der Gläubiger das Risiko trägt, wenn die Domain doch weniger wert ist als gedacht. Daher wird an Zahlung statt nur dann übertragen, wenn man diese bestimmte Domain haben will.

Beispiel:

Beträgt die Forderung des Gläubigers 2.000 Euro und die Domain wird nur für 1.000  Euro versteigert, hat der Gläubiger trotzdem keinen Anspruch von 1.000 Euro gegenüber dem Schuldner, da mit der Übertragung der Domain die Forderung erfüllt ist. Ist die Domain aber 70.000 Euro wert, bekommt der Gläubiger volle 70.000 Euro und der Schuldner sieht von den überschüssigen 68.000 Euro nichts mehr.

Aber ist das nicht unfair, dass Euroweb sich so bereichern kann?

Bevor die Domain übertragen wird, wird ein Schätzwert für die Domain ermittelt, damit der Gläubiger sich eben nicht auf Kosten des Schuldners bereichert. Der Schuldner kann diesem Schätzwert widersprechen und sich auf Überpfändung berufen. Im Zweifelsfall entscheidet ein Gutachter.

Und wenn René Walter die Frist dem Schätzwert zu widersprechen tatsächlich versäumt hat, wird er keinen Anspruch auf den Überschuss haben.

Das kann ein kluger Schachzug von Euroweb gewesen sein, aber es war kein Vorgang, gegen den sich René Walter nicht hätte wehren können. Und vielleicht tut er es gerade, denn dazu wissen wir noch nichts.

Darf eine Domain gepfändet werden, obwohl dort die Emails des bisherigen Inhabers eingehen?

Das ist ungefähr mit der Pfändung eines Grundstücks vergleichbar. Auch hier wird die „Adresse“ quasi mitgepfändet. Allerdings sind Emails problematischer als Post, die man von Außen nicht lesen kann. Der neue Inhaber darf selbstverständlich nicht die Emails lesen, die an René Walter zugehen, muss aber die Möglichkeit haben zu nachzuschauen, an wen sie gerichtet sind. Hier empfiehlt sich z.B. eine automatische Filterung, wobei auch der Schuldner verpflichtet ist seinen Kontakten die neue Adresse mitzuteilen.

* Update 22.01.2011 *

Anscheinend wurde die Domain Nerdcore.de auf 100 Euro (!) geschätzt, wie Udo Vetter berichtet. Es ist unglaublich, dass ein Gericht diesen Schätzwert einfach so geglaubt hat. Und wenn Euroweb diesen Wert eingebracht hat, dann liegt meines Erachtens der Verdacht eines Prozessbetrugs sehr, sehr nahe. Denn Euroweb kann sich kaum rausreden, dass die so wenig Ahnung von Domainwerten hätten.

* Update 27.01.2011 *

Ich bin auf einen sehr interessanten Artikel bei PETRINGS.DE hingewiesen worden, in dem sich Dr. Petring für einen erweiterten Schutz gegen die Domainpfändung bei Betreibern von Onlineshops, aber auch für anderen Gewerbetreibenden oder Freiberuflern, die im Internet ihre Waren oder Dienstleistungen vorstellen, bewerben und anbieten“ ausspricht:

Domain-Pfändung: Vollstreckungsschutz bei geschäftlicher Internet-Domain

Ganz besonders interessant finde ich seinen Ansatz, die Grundrechte der Meinungs- und Informationsfreiheit aus Art 5 Grundgesetz als Argumente gegen die Pfändung einfließen zu lassen.

Nerdcore.de – Fragen zur Pfändung einer Domain (Recht und Ungerecht)

19 Gedanken zu „Nerdcore.de – Fragen zur Pfändung einer Domain (Recht und Ungerecht)

  1. Oh, als ich gerade den RSS-Feed abonniert habe, ist mir aufgefallen, dass dort im Kasten „Blogabonnement“ und auch im Beitrag über Nerdcore selbst Email statt E-Mail steht. Nur mal so, vlt. interessiert es dich.

  2. Gepfändet wurde nur die Domain und versteigert werde soll auch nur die Domain (also rein nur die Bezeichnung Nerdcore.de) Vergliechen wird aber die Aktion mit dem BasicThinking Blog Verkauf – wo das ganze Blog samt Inhalten, Texten und Traffic veräußert wurde. Daher wird der Wert nur des Domainnamens niemals 70.000 ereichen.
    Großteil des Traffics von Nerdcore kam sicherlich über die GoogleSuche. Beim Basicthinking Blog-Verkauf ging also dieser Besucherstrom auf den Käufer über.
    Eurowerb hat hier nur den Namen, der unter den Stammbesuchern bekannt wird, erworben. Daher schätze ich die 70.000 Euro für hochübertrieben.

    Das Problem ist; der Gewinn von Eurowerb (Durch die Domainpfändung) steht in einer unverhältnismäßigen Relation zu dem Verlust von René Walter. Es wird Monate falls nicht JAhre dauern bis der Gleiche Traffic auf der neuen DOmain landet. Denn die Verlinkungen sind dann auch weg. Kurz gesagt: Euroweb gewinnt wenig, René verliert fast alles.
    DAs ist ja hochinteressant um welche Art der Güter es heutzutage geht.
    Und da dreht sich der Spieß um. Kommt dann eigentlich kein Schadensersatz in Betracht?
    Das wäre eine Alternative.

    1. Sollte Euroweb dazu übergehen, den Linkjuice auf sich leiten zu wollen, kann Google der Meinung sein, dass Euroweb abgestraft wird.
      Denn solche Aktionen sind durchaus üblich in der SEO-Szene um eine Seite nach oben zu pushen, aber Google darf nicht merken, was da abgeht. Es muss so aussehen, als wäre es ein echter Domain-Umzug.

      Bei nerdcore zu euroweb ist es kein echter Domainumzug, sondern ein Raub von Linkjuice. Egal was (laienhafte) deutsche Gerichte dazu sagen, das Internet hat eigene Gesetze und weil unter nerdcore nicht mehr zu finden ist was zu der guten Verlinkung und dem daraus folgenden Ranking geführt hat, ist es illegal wenn dieses auf ganz anderen Inhalt zeigt.

      Vielleicht darum will Euroweb diese Domain so schnell verkaufen, weil sie wissen dass die Domain rasch an wert verlieren wird und weil sie wissen, dass die Übernahme nur nach deutschen Recht legal ist aber nicht nach den Regeln des Internets.

  3. Ich sehe das anders:

    1. Ist eine Domain für einen Blogger nicht so wesentlich, dass man sie nicht pfänden darf?

    Wer das Internet, Suchmaschinen und Menschen kennt, der weiß, dass eine Domain für einen Blogger extrem wichtig ist. Die Domain eines Blogs ist nicht nur irgendeine Adresse unter der die Artikel gefunden werden können, sondern es ist DIE Adresse, die den Blog ausmacht und über den gesprochen ist. Nimmt man die Domain weg, ist es so, als würde man McDonalds den Namen weg nehmen und die Restaurants dürften sie behalten.

    Zwar hat der Blogger in diesem Fall alle seine Artikel weil diese auf seinem Webspace (ist Günni noch da?) gehostet sind, aber die Adresse zu diesen Links ist weg.

    Wenn sich ein Blog herumspricht, dann über den Namen. Was Blogbetriber tun ist nichts anderes als eine Art Markenbildung.
    Darf man eine Marke einfach pfänden?
    Wie sähe Persil im Regal aus, würde dort nicht Persil drauf stehen?

    2. Die Domain darf nicht einfach austauschbar sein

    Man kann eine Domain definitiv nicht austauschen, das weiß jeder der Internetmarketing und SEM/SEO macht.
    Es dauert Jahre, bis eine Domain einen wirklichen Wert hat. Die Arbeit von SEOs ist deshalb so teuer, weil es einen großen Aufwand bedeutet, alle Aufmerksamkeit der Suchmaschinen auf diese eine Domain zu leiten. Nicht die Artikel sind es, an der eine Suchmaschine den Suchtreffer fest macht, sondern die Domain.
    Stimmt die Domain nicht, stimmt auch der Linkjuice nicht.

    Angenommen eine SEO-Agentur verlangt pro Jahr 100.000 Euro für bestimmte gute Treffer in der Suchmaschine. Angenommen das geht jahrelang so, wie viel ist die Domain dann wert, wenn sie in den Suchtreffern ganz oben steht?

    Wer will, kann bei fewo-direkt.de einmal nachfragen, was es kostete, um derzeit mit „Ferienwohnung“ auf Platz ein zu stehen. 17.500.000 Suchtreffer in Google (deutschland), und davon der erste Platz.

    „Webdesign“, 36.200.000 Suchtreffer bei Google. iwebix.de steht noch vor Wikipedia und das will was heißen. Wer möchte gerne den Preis dieser Domain schätzen?

    Warum ist die Domain so viel wert und nicht die Firma oder der Blogger dahinter?
    Das Internet verlinkt nicht Blogger und Firmen, sondern Webseiten, und diese über die Domain. Suchmaschinen ranken die Webseite, meinen aber die Domain. In den Ratschlägen von Google stehen einige hinweise wie vorsichtig man mit Domainänderungen umgehen muss, damit die guten Plätze in Google nicht verloren gehen. das ist Gebiet von SEO-Spezialisten, Anfänger können hier Arbeit von Jahren mit einer dummen Entscheidung kaputt machen.

    Angenommen nerdcore.de hätte 100.000 gute Links auf sich zeigen oder noch mehr, dann ist das Geld fast ohne Ende wert, wenn einer weiß wie er das vermarkten kann. In vielen Webseiten und Artikeln und Browsern ist nerdcore.de verlinkt, und nicht irgendeine Domain namens crackajack.
    Wer kennt crackajack.de? Vorher schon mal davon gehört?
    Natürlich kann man alles neu verlinken, Arbeit macht spass und so ist die Langeweile für die nächsten Jahre weg.

    3. Die Domain müsste ein persönliches Arbeitsmittel sein

    Und exakt das ist es für Blogger und alle, die irgendwie die Arbeit von SEOs brauchen. SEO, das nennt sich zum einen Suchmaschinen-Optimierung (Search-Engine-Optimization) oder Suchmaschinen-Optimierer, wenn die Person gemeint ist.
    Ein SEO arbeitet mit Domains, gut verlinkte Domains sind in der SEO-Szene richtg viel Geld wert, solange die Verlinkung (Backlinks von anderen Seiten) noch stimmt.
    Ein Blogger wird über seinen Blog bekannt, der Blog jedoch existiert durch seinen Namen, weil der sich eingeprägt hat.
    Für Internetmarketing braucht man sprechende Namen, weil die sich einfach besser einprägen als irgendwelche zusammengeschusterte lange Namen die man sich nicht merken kann.
    Bei sedo.de kann man nachschauen, was so ein guter Domainamen wert ist.

    Was zum Beispiel ist hr.de wert?
    Weiß noch jemand, wie heiß um die kurzen Kürzel gestritten wurde? Möchte jemand bmw.de pfänden?
    Und dabei ist es bei diesen noch einfacher, eine andere Domain zu wählen, weil man kann hessischer-rundfunk.de nehmen oder bmw-ag.de oder bmw-automobile.de und man weiß auch so, was dahinter steckt.
    Aber bei einem Blogger ist das ganz anders, dieser wird durch seinen Blog bekannt, nicht durch Fernsehsendungen oder Automobile.

    Kurzum, die Domain ist ein wesentliches Arbeitsmittel für einen Blogger, weil seine Artikel unter anderen Adressen nicht beachtet werden, sofern der Blogger in erster Linie nur über seinen Blog bekannt wurde.

    Einen neuen Blog mit Software aufziehen kann man sehr schnell, die Daten aus einer Sicherung importieren geht auch relativ schnell, im vergleich zu einer bekannten Domain.
    Aber einer Domain Gewicht durch den Namen zu verleihen und sie gut zu verlinken, das dauert ewig!

    Der Schaden den Euroweb angerichtet hat, ist immens und dazu noch sind sie jetzt faktisch in der Lage, vom ganzen Linkjuice der Domain zu provitieren, bis auch Google bemerkt hat, dass dort nicht mehr ist was einmal war.

    Was kann der Blogger und die Blogger Gemeinde tun?
    Sollte es dabei bleiben, dass nerdcore.de weg ist, dann so schnell wie möglich die neue Adresse mit beschreibendem Text verlinken (z.B. „Nerdcore ist jetzt crackajack“), in jedem Artikel, damit unter dem Begriff Nerdcore der eigentlich Blogger zu finden ist.
    Ausserdem kann man Google anschreiben und darauf hinweisen, dass unter nerdcore.de nicht mehr zu finden ist was einmal war und alles was war, unter crackajack.de zu finden ist, weil Euroweb wird wohl kaum eine ordentliche 301-Weiterleitung machen.

    Und gerade eben läuft im Fernsehen die Werbung, dass Calgonit nun Finish heißt. Bis das in die Köpfe der Leute geht, werden noch viele Millionen ausgegeben werden.

    Und dann kommen die Gerichte, eine Domain wäre pfändbar.
    Ja, wenn man Existenzen vernichten will, dann stimmt das.

    Übrigens ist die Domain nerdcore.de ein heißes Eisen, keiner wird sich getrauen, die Domain zu übernehmen und seinen eigenen Blog darunter laufen zu lassen. Das ist fast schon wie Web-Suizid.
    Was Euroweb gemacht hat, ist nicht verzeihlich in der Internetszene. Sowas macht man nicht, das ist in höchstem Maße unanständig und hat eher mit Krieg zu tun als mit Geld.
    Wenn es um Geld ginge, hätte man was anderes pfänden können.

    Deutschland, das Land der DAUs und Internetausdrucker.

  4. Erfreulich, wenn Juristen auch mal vernünftige Dinge schreiben in Bezug auf Internetdinge.

    Jaja, ich weiß, das klingt despektierlich – aber ich habe von Juristen schon genug Mist zu hören bekommen bis hin zu persönlichen Beleidigungen, („Schmarotzer, Trttbrettfahrer, verklemmter Scheißbayer“).

    Nun, für mich war die Domain ein „persönliches Arbeitsmittel“. Es liefen alle E-Mails darüber. Ob Einladungen zu Veranstaltungen, über die ich berichten sollte, ob der Kontakt zu meinen Freunden (nein, 2000 gab es noch kein Facebook. wobei ich das auch heute nicht nutze), ob der Kontakt zu meiner Lebenspartnerin, die damals am anderen Ende der republik war – ich war für einen neuen Job nach München vorausgezogen, sie war noch in Hamburg, oder eben Paypal & Co. – alles lief über diese Domain.

    Und genau deshalb wollte sie der Gegner. Und es war dem Westdeutschen Rundfunk auch sehr wichtig, zu betonen, daß er ein Wettbewerber in jeder Hinsicht ist – selbst in Sachen Liebesgeflüster zwischen mir und meiner Partnerin wollte er an diese Stelle treten. Was aus heutiger Sicht auch Sinn ergibt, da man dort nun mit Hern Yogeswar eine Sex-Sendung macht, wo man natürlich jede Menge „Content“ (so nennt man das ja inzwischen) brauchen kann, besonders gerne aus fremden Postfächern.

    Daß ich mir dann einen Anwalt suchte und der dem Sender sagte, solche Dinge gingen ihn nichts an, führte dann zur einstweiligen Verfügung. Die Chefjuristin Eva-Maria Michel fand das „unverschämt“, daß mein Intimleben sie nichts angehe. Daß es überhaupt etwas in meinem Leben geben könne, das sie nichts angehe. Und es wurde mir auch nie auch nur eine einzige E-Mail weitergeleitet, obwohl damals etliche Leute den Sender anschrieben, weil sie nicht wußten, wie sonst ich zu erreichen wäre.

    Erst lange nach dem ganzen Prozeß, in dem der Richter noch sagte, dies müsse ein (vor allem finanziell) abschreckendes Exempfel sein, in dem aber wohlgemerkt neimals von einer Übertragung der Domain die Rede war, nur da drohte man mir sofort mit einem zweiten Prozeß, etwa ein halbes Jahr später, sagte man dann, man würde auf der Domain keinen Mailserver aufsetzen, also die E-Mails nicht selber lesen. Weiterleiten von E-Mails käme aber auf gar keinen Fall in Frage. Das war dann aber insofern schon irrelevant, als ich die Domain bereits gelöscht hatte und auf eine halbe Million Streitwert verurteilt worden war, woran ich noch immer nach Köln zahle, jeden Monat.

    E-Mail-Adressen sind viel problematischer als die Website: Bei dieser sieht man ja, daß sie nun jemand anders gehört, außer der baut die vorherige Website 1:1 nach (was dann ein Urheberrechtsdelikt wäre und zudem ein betrugsversuch am Besucher der Website). E-Mails werden dagegen immer offline geschrieben, in einem Mailprogramm (ja, webmailer wäre online, ändert aber nichts dran), ohne daß der Schreiber merken kann, daß die bei ihm gespeicherte Adresse nicht mehr den erreicht, dem er schreiben will.

    Leider hat dies alles auch den Tod eienr guten Freundin zur Folge gehabt, die mich nicht mehr erreichen konnte, da man mir ja auch seitens des Gerichts das Impressum als „unlauteren Wettbewerbsvorteil“ untersagt hatte. Weil das Gericht ernsthaft glaubte, wenn meine Freunde mich nach meinem Umzug durch Nachschlagen meiner neuen Telefonnummer im Impressum auf meiner Website erreichen wollen, so würde dies dem westdeutschen Rundfunk schaden. Nun, auch da gibt es tatsächlich mit „Domian“ eine Sendung, die sich Menschen in Not annehmen will, nur hätte meine Freundin niemals mit ihrem Anliegen in Köln beim Rundfunk angerufen. Gerade, weil sie sich so geschämt hat, einem Betrüger aufgessessen zu sein, hat sie sich dann ja leider erhängt.

    Und die Sache mit der „Erreichbarkeit“: Ich war damals – wie wohl die meisten Menschen, die für ihren Lebensunterhalt selbst arbeiten müssen – im Büro, als die einstweilige Verfügung kam, sie konnte deshalb nicht zugestellt werden. Kommentar von Frau Eva-Maria Michel:

    „Dann müssen Sie halt jemand einstellen, der für Sie unsere Schreiben entgegennehmen kann!“

    Klar, so Intendanten (heute ist auch Frau Michel stellvertretende Intendantin) bekommen 350.000 € im Jahr und können sich davon Kindermädchen, Gärtner, Butler und einen eigenen Abmahn-Post-Bediensteten leisten….

    Ihre Ansichten sind sehr vernünftig, Herr Schwenke. Leider machen Leute mit Geld trotzdem, was sie wollen, und bekommen auch Recht. Und machen Karriere.

  5. Hui komplezierte Paragraphen (die in diesem Fall aber mal absolut nützlich und informativ waren) nachvollziehbar und verständlich aufgeschlüsselt. Danke, gerade die Gegenüberstellung der möglichen Auslegungen in solchen Fällen sollte im Hinterkopf behalten werden.

  6. Udo Vetter schreibt:

    „Wie sich nun herausstellt, hat Euroweb gegenüber dem Gericht erklärt, die Rechte an Nerdcore.de hätten einen “Schätzwert” von 100 Euro (in Worten: einhundert Euro). Nur in Höhe dieses Betrages wären nach Auffassung von Rechtsanwalt Dominik Boecker die Verpflichtungen Walters erloschen, hätte die Pfändung Bestand gehabt. Walter hätte also trotz Kaperung seiner Domain noch einmal rund 1.000 Euro zahlen müssen.“

    Hier ist zu lesen:

    „2. Gläubiger lässt sich die Domain an Zahlung statt übertragen

    In diesem Fall wird die Domain nicht verwertet, sondern dem Gläubiger sofort übertragen, womit seine Ansprüche erloschen sind. Das ist im Fall von Euroweb geschehen. Dieser Fall ist selten, da der Gläubiger das Risiko trägt, wenn die Domain doch weniger wert ist als gedacht. Daher wird an Zahlung statt nur dann übertragen, wenn man diese bestimmte Domain haben will.“

    Widerspricht sich das nicht? Oder anders gefragt: In welchem Fall muss Rene Walter 1000 Euro nachzahlen, wenn die Domain mit 100 Euro bewertet wird?

    1. Das passt, wenn die Domain mit einem an Zahlungs statt zum Schätzwert von 100 Euro übertragen wird, dann erlischt auch die Forderung nur in Höhe von 100 Euro.

      Hätte Euroweb zuerst die Verwertung der Domain beantragt (z.B. durch Zwangsversteigerung), dann wäre auch aufgefallen, dass sie wohl mehr wert ist als 100 Euro.

  7. Heute war Post im Kasten: Das Amtsgericht Berlin hat die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel einstweilen eingestellt.

  8. Ein sehr schöner Beitrag. Da er sich auf nerdcore.de bezieht ist die hier geäußerte Kritik berechtigt.

    Ich habe die Domain-Pfändung jetzt einmal selbst versucht. Und zwar bei einem Schuldner (vollstreckbare Titel aus Urteil(en) liegen vor), der die Domains in seiner EV n i c h t angegeben hatte, und mir gegenüber schriftlich zugesichert hat, dass er mit den Domains nichts verdient. Ausdrücklich: „nichts“.)
    Er wollte sie mir allerdings auch nicht, auch nicht für einen von mir angebotenten, mehr als angemessenen Betrag abtreten. Nicht, weil sie für ihn tatsächlich so wertvoll sind, sondern weil er – trotz rechtskräftigemUrteil – laut eigener Aussage, „nicht einsieht“, dass er zahlen muss.

    Im Übrigen habe ich die Titel / Urteile usw. alle ohne anwaltliche Hilfe erreicht. Ich schalte einen Anwalt grundsätzlich erst ein, wenn der Schuldner seinerseits zu diesem Mittel greift. Das hat sich bewährt.

    Schuldner wie der eben erwähnte sind aber solche, die soviel Nerven kosten, dass selbst ich mir überlege, bestimmte Sachen, die bereits am Anfang irgendwie „komisch“ ausschauen, gleich dem Profi zu überlassen. Nur wird es dann heißen: „Warum laufen Sie denn gleich zum Anwalt!?“ – Tja, warum?

    Egal, wenn der Schuldner selber angibt, dass er kein Geld mit seinen Domains verdient, wenn er sie (bzw. die Ansprüche daraus) nicht in seiner EV erwähnt, dann stellen sie auch für ihn offensichtlich keinen besonderen Wert dar.
    Dann ist ja wohl ein relativ geringer Schätzpreis (den ich pro Domain mit der Registrierungsgebühr für 5 Jahre bei meinem Provider angesetzt hatte) anzunehmen.
    Und außerdem ist ja klar: wenn die restlichen Angaben in der EV stimmen, dann ist ja ausserdem davon auszugehen, dass der Schuldner die weiteren Registrierungsgebühren an seinen Provider weder zahlen darf noch kann. Und dann wären die Domains einfach so: weg. Und die Schulden bleiben.

    In den wenigen Fällen in denen es für mich dazu gekommen ist, dass ich zu harten Mitteln wie Pfändung usw. greifen musste (an einer Hand leicht abzählbar), habe ich entweder mein Geld bekommen, oder warte mit dem Titel die Insolvenz ab, oder: Versuche mal was Neues: jetzt mal eine Domainpfändung.

    Ich habe mir das gründlich überlegt: die moralische Verfehlung liegt, jedenfalls bei meinen Fällen, stets beim Schuldner.

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