Das OLG-München (Urteil vom 27.9.12 -Az.: 29 U 1682/12) hat entschieden, dass eine im Rahmen eines Double-Opt-In-Verfahrens verschickte E-Mail unerwünschte Werbung, also Spam darstellt. Dieses Urteil verursacht eine Menge an Aufregung, weil ohne Bestätigungsemails der Versand von E-Mailwerbung praktisch nicht möglich wäre.
Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Denn so drastisch wie das Urteil klingt, ist es m.E. in Wirklichkeit nicht. Aber nur, wenn Sie die folgenden Hinweise beachten.
Hinweis: Bitte Lesen Sie auch den aktuellen Beitrag zu dem Thema, der Ihnen mit vielen praktische Beispielen hilft Rechtsverstöße zu vermeiden: „Birgt Ihr E-Mail-Newsletter ein Abmahnrisiko? – Schlechte Beispiele und Gute Beispiele„
Zulässigkeit des Double Opt-Ins
E-Mail-Werbung ist nur mit einer ausdrücklichen Einwilligung des Empfängers zulässig. Das Problem ist der Nachweis, ob tatsächlich der E-Mailinhaber sich zum Beispiel zu einem Newsletter angemeldet hat. Daher wird nach der Anmeldung (1ste Anmeldung = Single Opt-In) eine Bestätigungsemail verschickt. Wer den Link in dieser E-Mail klickt, ist nachweislich der Inhaber der angemeldeten E-Mailadresse (2te Anmeldung = Double-Opt-In).
Die Frage, ob bereits die Bestätigungsemail unerlaubte Werbung darstellt, war lange umstritten. Doch 2011 hat der BGH entschieden, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist (BGH, 10.02.2011 – Az.: I ZR 164/09 – Achtung, in dem Fall ging es um Telefonwerbung, für die eine Bestätigungsemail nicht ausreicht). Dazu gehört vor allem der Nachweis des Anmeldevorgangs.
Und nichts anderes sagte hier das OLG München:
Für den Nachweis des Einverständnisses ist es erforderlich, dass der Werbende die konkrete Einverständniserklärung jedes einzelnen Verbrauchers vollständig dokumentiert. Im Fall einer elektronisch übermittelten Einverständniserklärung setzt das deren Speicherung und die jederzeitige Möglichkeit voraus, sie auszudrucken. Die Speicherung ist dem Werbenden ohne Weiteres möglich und zumutbar.
Das heißt es reicht nicht aus lediglich zu sagen: „Wir haben ein Double-Opt-In-System„. Vielmehr müssen Sie den Anmeldevorgang protokollieren, d.h. folgende Angaben in der Datenbank speichern:
- Zeitpunkt der Anmeldung
- IP-Adresse des Anmeldenden
- Inhalt der Bestätigungsemail
- Zeitpunkt der Bestätigung
- IP-Adresse des Bestätigenden
Nur, wenn Sie ein solches Protokoll vorlegen können, wird Ihre Bestätigungsemail keine unerlaubte Werbung darstellen. Im Fall des OLG-München scheint der Beklagte ein solches Protokoll nicht gehabt zu haben. Aus dem Urteil ergeben sich auch Unregelmäßigkeiten bei seiner prozessualen Vertretung. Ich denke, jeder Anwalt vom Fach hätte den Beklagten geraten, ein solches Protokoll vorzulegen.
Hinweis: Wann E-Mailwerbung zulässig ist und was Sie dabei beachten müssen, können Sie meinem Artikel „Rechtliche Fallstricke im Email-Marketing“ entnehmen.
Fazit und Checkliste
Das Urteil des OLG-München ändert nichts an der Zulässigkeit von Bestätigungsemails und E-Mailwerbung. Sie brauchen also m.E. keine Abmahnungen zu befürchten. Jedoch nur, wenn Sie die folgende Checkliste beachten:
- Ausdrückliche und informierte Anmeldung
- Anmeldung muss ausdrücklich erfolgen (keine vorangehakten Kontrollkästchen, keine versteckte Anmeldung in den AGB)
- Anmeldung muss informiert erfolgen (Informationen wer, welche Art von Werbung, mit welcher Frequenz verschicken wird)
- Über die Widerrufsmöglichkeit muss belehrt werden (wie kann man sich abmelden?)
- Bestätigungsemail mit folgendem Inhalt verschicken
- Link zur Bestätigung
- Informationen und Widerrufsbelehrung in der Bestätigungsemail wiederholen (wie unter Punkt 1)
- Auf keinen Fall Werbung in die Bestätigungsemail aufnehmen
- Impressum
- Anmeldevorgang protokollieren
- Zeitpunkt & IP der Anmeldung
- Zeitpunkt
& IPder Bestätigung - Inhalt der Bestätigungsemail
Nachtrag 21.11.2012
Mein Beitrag ist von einigen Kollegen so aufgefasst worden, als ob ich das Urteil des OLG München für zutreffend halten würde. Vielleicht hätte ich das deutlicher zum Ausdruck bringen sollen, denn das Gegenteil ist der Fall. Bei einer Bestätigungsemail belästigende Werbung anzunehmen, widerspricht der Praxis und der zurückliegenden Rechtsentwicklung. Ich denke lediglich, dass das das Urteil im Ergebnis richtig ist, wenn der Emailversender den Anmeldevorgang nicht bestätigen kann. Und das sind auch meine Erfahrungen aus Fällen vor Gerichten, die auf die Protokollierung achteten.
Was die Protokollierung der IP-Adresse angeht, so halte ich sie für erforderlich, um sich vor bösgläubigen Anmeldungen schützen zu können. Selbstverständlich gehört ein Hinweis darauf in die Datenschutzerklärung, z.B. „Bei der Anmeldung und deren Bestätigung werden die IP-Adresse mit dem Zeitpunkt gespeichert, um im Zweifelsfall die Anmeldung nachweisen zu können.“
Ferner soll beim BGH nach derzeitigem Stand bisher noch keine Revision eingelegt worden sein. Das wäre schade, da die vom OLG München geschaffene Rechtsunsicherheit nicht geklärt wird.
@thsch BGH teilt mit, dass keine Revision gegen OLG-Urteil eingelegt wurde. (Stand 20.11.2012 – Revsionsfrist unbekannt)
— Christos Paloubis (@paloubis) November 22, 2012
Nachtrag 23.11.2012
Habe „m.E.“ oben im Text eingefügt. Denn die meisten Kollegen meinen, das Urteil sei doch eine Gefahr. Das ist ihnen nicht zu verdenken. Immerhin entschied hier ein Oberlandesgericht, also die Instanz direkt vor dem Bundesgerichtshof.
Ich empfehle zu dem Thema auch die folgenden Artikel zu lesen:
- OLG München: Double-Opt-In Mail ist unzulässige Werbung von Martin Rätze im Shopbetreiber-Blog
- OLG München: Bereits die Check-Mail beim Double Opt-In ist Spam von Dr. Bahr
- OLG München: Bestellbestätigung im Double-Opt-In-Verfahren kann Spam sein von RA Thomas Stadler
- An alle Werbenden: Double-Opt-in nun doch rechtswidrig? von RA Sebastian Dosch
- Schluss mit E-Mail Marketing? – Double-Opt-in vor dem Aus? von Bernhard Kelz
- OLG München killt Double-Opt-In Verfahren von Sebastian Schulz beim Bundesverband des Deutschen Versandhandels e.V. (bvh)
- Da ist die Katastrophe: Double-Opt-In unzulässig von RA Martin Schirmbacher
- OLG-Urteil stellt Rechtmäßigkeit von Double-Opt-in-Verfahren in Frage von Prof. Dr. Noogie C. Kaufmann bei heise.de
- Kein Ende des Double-Opt-In – Klärung durch BGH zu erwarten von Prof. Niko Härting im CR-Blog
- OLG München: Das Ende von Double-Opt-In? von Sebastian Winter bei Telemedicus
Nachtrag 24.11.2012
Außer mir scheinen doch noch andere Kolleginnen und Kollegen der Meinung zu sein, dass das OLG nicht unbedingt das Double-Opt-In „gekillt“, sondern ein richtiges Urteil schlicht falsch begründet hat:
- Double-Opt-In: Auf den Sachverhalt kommt es an! von Prof. Niko Härting im CR-Blog
- OLG München: Das Ende von double-opt-in? von RAin Carola Sieling
- E-Mail-Werbung:OLG München stellt double-opt-in in Frage – Das Ende der E-Mailwerbung? von RA Arno Lampmann
- Ja, und nun? Nach dem Urteil des OLG München zum Double-Opt-In von RA Sebastian Dramburg
- Double-Opt-In – Wie geht es weiter nach OLG München? von RA Schirmbacher, der auch die IP-Protokollierung empfiehlt
- Bad Case: Bestätigungsemail mit WerbungDas Urteil des OLG München (Az.: 29 U 1682/12) zum Double-Opt-In verändert – nichts. von RAin Diercks
Nachtrag 05.12.2012
Schließe mich den Ansichten zur IP-Adresse insoweit an, als sie für die Bestätigungsklick nicht notwendig ist. Bei der Anmeldung halte ich sie dennoch trotz der berechtigten Zweifel an deren Sinn für erforderlich. Warum? Weil viele Richter ausführliche Protokolle mögen, aber von der Technik öfter mal weniger Ahnung haben. Natürlich trifft das nicht auf alle Richter zu und die Lage bessert sich ständig.
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