Seit dem Urteil des OLG-München herrscht Verunsicherung, ob E-Mail-Newsletter überhaupt noch zulässig sind. Ich war und bin der Ansicht, dass kein Grund zur Panik besteht und die Gefahr einer Abmahnung auf ein tragbares Maß eingeschränkt werden kann. Mit diesem Beitrag möchte ich Ihnen anhand von Beispielen zeigen wo die Risiken lauern, wie hoch sie sind und wie Sie sie vermeiden können. Dabei richte ich mich vor allem an praktischen Erfahrungen, da ich viel mit Abmahnungen wegen Spam zu tun habe. Zum einem berate ich Newsletterversender, die ihre Versandsysteme abmahnsicher gestalten wollen. Zum anderen betreue ich auch Mandanten, die sich gerichtlich gegen Spam wehren. Also kenne ich beide Seiten der Medaille und die wiederkehrenden Fallmuster.
Hinweis: Einen Überblick zum Direktmarketing erhalten Sie in meinem Artikel „Rechtliche Fallstricke im E-Mail-Marketing“ entnehmen.
Anmeldung – Opt-In
Das allergrößte Risiko beim Direktmarketing liegt in Unkenntnis der Rechtslage oder deren bewusster Missachtung. Darauf entfallen 99% aller Abmahnungen. Das Gesetz besagt: Werbung per E-Mail darf nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Empfänger verschickt werden. Bei dessen Anwendung kommen folgende Fehler zustande: Ca. 80% der Abgemahnten versenden ihre Newsletter ohne ein Anmeldeverfahren, weil sie davon ausgehen, dass Ihre E-Mail gar keine Werbung darstellt. Tatsächlich gehört zur Werbung praktisch jede E-Mail, die dazu dient ein Geschäft und dessen Leistungen zu fördern. Zur Werbung gehören:
- Klassische Produkt und Dienstleistungsangebote – „Unsere Sonderangebote: 1000 Büroklammern für 5 €„
- Kooperationsanfragen – „Lassen Sie uns zusammen arbeiten, ich helfe Ihnen Ihre Produkte zu vermarkten„
- Versteckte Hilfestellungen – „Ich habe auf Ihrer Seite einen Fehler gefunden und zufällig bin ich ein Webdesigner, der Ihnen helfen kann„
- Imageinformationen – „Unser Unternehmen sammelt Spenden für das Projekt X, helfen Sie mit„
- Blog-Abonnements – „Unser neuester Blogbeitrag: …„
Achtung Blogs: Sobald Sie Ihr Blog monetarisieren und Anzeigen schalten, wird es geschäftlich. Aber auch bei Blogs ohne Geschäftsmodell kann eine Belästigung durch unerwünschte E-Mails vorliegen, wird jedoch in der Regel weniger kosten. Nutzen Sie für Beitrags- und Kommentarabos immer Systeme mit einem Double-Opt-In.
Das bedeutet für Sie, dass Sie in all diesen Fällen keinen Newsletter ohne vorhergehende Einwilligungverschicken sollten. Wie Sie diese erhalten, erfahren Sie im weiteren Verlauf dieses Beitrags. Ein Fehler wäre auf jeden davon auszugehen, dass Werbung ohne Einwilligung versendet werden darf. Dazu die folgenden Beispiele.
Anmeldemaske
Im Rahmen einer Anmeldung (englisch „Opt-In“) müssen Sie mitteilen,
- Mit welchen Newsletterinhalten der Empfänger ca. zu rechnen hat,
- von wem die Newsletter versendet werden,
- wie oft die Newsletter ca. versendet werden (ich kenne keinen Fall, in dem dieser Punkt moniert wurde),
- wie der Widerruf erfolgen kann.
Ansonsten ist die Einwilligung nicht wirksam, weil der Besteller schlicht nicht weiß, in was er einwilligt. Fehler an dieser Stelle sind jedoch allenfalls in ca. 5% der Abmahnungen relevant. Wenn Sie eine Anmeldung zum Newsletter mit einem anderem Vorgang, z.B. Teilnahme am Gewinnspiel oder Shopeinkauf verbinden, müssen Sie für den Newsletter ein separates Kontrollkästchen vorsehen, das nicht vorangehakt sein darf.
Bestätigungsemail (Double-Opt-In)
Ohne eine Bestätigungsemail können Sie nicht nachweisen, dass die Anmeldung durch den E-Mailinhaber erfolgt ist. Erst wenn dieser den Bestätigungslink geklickt hat (was praktisch eine 2t-Anmeldung ist und daher das „Double“), ist sicher, dass kein Dritter die E-Mailadresse missbraucht hat. Dabei müssen Sie Folgendes beachten:
- Keine Werbung – Die Bestätigungsemail darf gar keine Werbung enthalten. Sonst stellt bereits sie selbst unverlangte Werbung dar.
- Wiederholung der Anmeldeinformationen – Der Empfänger könnte sagen, dass jemand anderes seine E-Mailadresse eingetragen hat und er lediglich aus Versehen und ohne zu wissen was er tut auf den Bestätigungslink geklickt hat. Daher wiederholen Sie bitte die Informationen (zumindest zum Inhalt des Newsletters) aus der Anmeldemaske in der Bestätigungsemail.
- Impressum – Geben Sie Ihr Impressum oder zumindest die Geschäftsinformationen und einen Link zum Impressum an
Bestätigungsemail bei offline gewonnenen Adressen: Wenn Sie E-Mails selbst eintragen, zum Beispiel aufgrund von persönlichen Kontakten oder aus Offline-Gewinnspielen, sollten Sie trotzdem eine Bestätigungsemail verschicken. Bei ca. 10% der Abmahnungen rechneten die Empfänger nicht mit dem Newsletterversand in Folge des Offline-Kontakts und mangels der Bestätigung konnte deren Einwilligung nicht bewiesen werden. Bitte lesen Sie dazu auch „Adressen für Direktmarketing mit Gewinnspielkarten wirksam generieren„.
Protokollierung
Die Gefahr der Bestätigungsemail liegt darin, dass viele Marketer sie auf gut Glück versenden könnten. Es gäbe bestimmt viele Nutzer die den Bestätigungslink aus Versehen oder Neugier klicken. Auf der anderen Seite besteht außer der Bestätigungsemail keine praktische Möglichkeit nachzuweisen, wer die E-Mailadresse zum Newsletter angemeldet hat. Um den Interessen der Versender gerecht zu werden, aber die Gefahr des Missbrauchs zu verhindern, verlangen die Gerichte einen Nachweis, dass es sich bei der unverlangten Bestätigungsemail um einen „Ausreißer“ gehandelt hat. Dazu muss man ihnen ein Protokoll der Anmeldungen und Bestätigungen vorlegen. In dieses gehören:
- Datum und IP-Adresse der Anmeldung – Bitte weisen Sie bei der Anmeldung darauf hin, dass die IP-Adresse zu diesem Zweck erhoben wird. Einige Rechtsanwälte sind der Ansicht die IP-Adresse darf aus Datenschutzgründen nicht erhoben werden (Übersicht der Meinungen bei der Kollegin Diercks). Sollte diese Meinung richtig sein, läge zwar ein Datenschutzverstoß vor, die Gefahr deswegen belangt zu werden, ist jedoch kaum vorhanden. Ganz im Gegenteil zu den möglichen Folgen bei einem unvollständigen Protokoll. Auch dem Argument, dass die IP-Adresse technisch nichts beweist, kann ich mich anschließen. Aber die Erfahrung vor Gericht zeigt, dass Richter oft technisch nicht bewandert sind, aber ausführliche Protokolle mögen.
- Datum der Bestätigung der Anmeldung
- Inhalt der Bestätigungsemail – Am besten Sie speichern deren Inhalt in der Datenbank. Ist das nicht praktikabel, sollten Sie zumindest jede Änderung des Bestätigungstemplates festhalten.
- Lesbarkeit – Gehen Sie davon aus, dass Richter oft nichts mit dem (für Nichtkenner) abschreckendem Ausdruck einer Datenbank anfangen können. Das Protokoll sollte daher optisch für einen Laien lesbar sein.
Wie lange die Gerichte ein solches Protokoll-Verfahren akzeptieren bleibt abzuwarten. Werden Protokollfälschungen nachgewiesen, kann es künftig passieren, dass die Gerichte Ihre Ansicht umschwenken.
Hinweis OLG-München: Das Gericht entschied aktuell (Urteil vom 27.9.12 -Az.: 29 U 1682/12), dass bereits die Bestätigungsemail Werbung darstellt. Nach meiner Meinung und wohl der meisten Juristen, war diese Aussage falsch. Jedoch denke ich, dass das Gericht schlicht das richtige Urteil falsch begründet hat. Denn der Beklagte hat dem Gericht anscheinend keinen Nachweis des Anmeldeverfahrens, also kein Protokoll vorgelegt. Bitte lesen Sie dazu: „OLG München: Double-Opt-In-Bestätigungsemail ist Spam – Aber nicht, wenn Sie diese Checkliste beachten“ (ich empfehle auch die dort verlinkten Beiträge anderer Anwaltskollegen zu lesen.
Vorgehen und Abmahnungskosten in der Praxis
Praktisch werden Sie in Spamsachen selten mit dem Gericht zu tun haben. Vielmehr sieht das Verfahren wie folgt aus, wenn man Ihnen Spamming vorwirft:
- Abmahnung erhalten – Jemand erhält eine Abmahnung und geht damit zum Rechtsanwalt, der eine Abmahnung verschickt
- Verteidigung – Ihr Rechtsanwalt versucht der Gegenseite eine Einwilligung nachzuweisen oder im Fall der Beanstandung einer Bestätigungsemail einen ordnungsgemäßen Anmelde- und Protokollvorgang.
- Entscheidung der Gegenseite – Die Gegenseite entscheidet anhand der Qualität der Nachweise, ob sich für sie das Risiko lohnt vor Gericht zu ziehen. Dabei sucht der gegnerische Anwalt nach Fehlern, die zum Beispiel in fehlenden Informationen zum Newsletterinhalt bei der Anmeldung vorliegen können. Das heißt, in den meisten Fällen müssen Sie nicht Richter von der Rechtmäßigkeit Ihrer Newsletter-E-Mail überzeugen, sondern gegnerische Anwälte.
Wenn Sie nicht nachweisen können, dass eine Einwilligung vorlag oder die Bestätigungsemail ein Ausreißer war, kommen folgende Folgen auf Sie zu:
- Unterlassungsverpflichtung: Sie müssen sich verpflichten beim erneuten Versand eine unerwünschten Werbung eine empfindliche Vertragsstrafe zu bezahlen. Um diese zu vermeiden, empfehle ich Blacklisting-Filter. Darin sollten die E-Mailadressen nach Abmahnungen gespeichert werden, um einen erneuten Versand zu vermeiden (die E-Mailadressen sollten dazu verschlüsselt gespeichert werden.).
- Abmahnungskosten: Sie müssend die Kosten der Abmahnung und die Ihres Rechtsanwalts tragen. Sie können sich zusammen auf ca. 500-700 € belaufen. Sollte es vor Gericht gehen, können sich die Kosten vervierfachen.
Fazit
Die Risiken beim Newsletterversand liegen vor allem darin, dass die Rechtslage unbekannt ist oder absichtlich missachtet wird. Wenn Sie Ihren Newsletter nur an E-Mailadressen verschicken, die ein Double-Opt-In-Verfahren durchlaufen haben, sinkt Ihr Risiko um 99%. Das Restrisiko besteht hauptsächlich in Personen die Ihnen oder anderen Böses wollen und fremde E-Mailadressen anmelden. Diese Fälle können Sie mit einem ordnungsgemäßen Anmeldeverfahren ausschließen.
Etwas Restrisiko bleibt. Aber das haben Sie im geschäftlichen Verkehr immer. Wenn Sie sich nun fragen, warum trotzdem so viel Spam versendet wird, dann ist die Antwort strikt ökonomisch. Weil sich immer noch nur wenige Empfänger gegen Spam-Emails wehren, lohnt es sich schlicht das Gesetz zu missachten. [callto:spam_double]