Facebook-Marketing ist gar nicht mal so einfach. Fans müssen auf die eigene Facebook-Seite gelockt werden, den „Gefällt mir“-Button klicken und anschließend bei Laune gehalten werden. Sind es zu wenige Fans, sendet dies ein eher trostloses Signal an die Besucher, und so schielt man neidisch auf Seiten deren „Liker“ um Tausende steigen und hofft eine kritische Masse zu erreichen, die von alleine weitere Fans anzieht. Denn die Leute haben nun mal die Angewohnheit dorthin zu gehen wo was los ist.
Doch die Abhilfe für all die frustrierten Seitenadmins naht! Wie Pilze schießen Angebote aus dem Boden, die Fans zum Verkauf anbieten. Und 4-10 Cent pro Fan ist doch nicht die Welt! … oder?
Social Media Experten wie Annette Schwindt werden zwar nicht müde zu sagen, dass gekaufte Fans keinen Wert haben (weitere Meinungen dazu bei bwl zwei null und Kulturmanagement), doch was heißt das schon, wenn man gegenüber anderen Unternehmen mit einer vierstelligen Fanzahl prahlen kann! Und nicht zu vergessen, wie toll „10.000 Fans in einer Woche“ als Werbeargument klingt!
Doch auch aus rechtlicher Sicht kann vom Fankauf nur abgeraten werden. Denn es handelt sich hierbei um irreführende Werbung die verboten ist.
*Bitte beachten Sie das Update vom 25.04.2012 „Ist der Fankauf rechtlich doch zulässig? (Neue Ansichten und Umfrage)„, in dem ich meine Ansichten aus dem folgenden Artikel hinterfrage:*
Irreführende Werbung ist verboten
Fankauf ist meines Erachtens ein klarer Verstoß gegen das Verbot irreführender Werbung nach § 5 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). §5 UWG soll dafür sorgen, dass jede geschäftliche Handlung wahr und klar ist.
Diese Vorschrift verbietet Angaben, die falsch oder dazu geeignet sind
- Verbraucher zu täuschen, dadurch
- deren wirtschaftliches Verhalten zu beeinflussen,
- Mitbewerber beeinträchtigen und
- nicht nur unerheblich sind.
Schauen wir uns die einzelnen Voraussetzungen mal an.
Angaben, die dazu geeignet sind Verbraucher zu täuschen
Wenn hier vom Verbraucher die Rede ist, dann ist damit jede durchschnittlich aufmerksame Person gemeint, sei es ein User der die Facebookseite des Unternehmens besucht oder jemand der den „10.000 Fans in 1 Woche“-Werbespruch in einer Werbebroschüre liest.
Eine Täuschung ist eine Fehlvorstellung von nachprüfbaren Tatsachen. Zu diesen Tatsachen können nach § 5 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 UWG insbesondere die „Befähigung„, der „Status“ und „Beziehungen“ eines Unternehmens gehören.
Wenn jemand die hohen Fanzahlen sieht, dann kann er schnell einer Fehlvorstellung über eben diese Attribute unterliegen. Dem Unternehmen wird so besondere Fähigkeit mit Kunden umzugehen, weitreichende Vernetzung sowie große Bekanntheit unterstellt werden. Dazu kann noch die Erwartung toller Angebote oder Unterhaltung kommen. Daran, dass diese Fans gekauft sind, wir wohl kein durchschnittlicher Verbraucher denken.
Damit ist die Anzahl der gekauften Fans zumindest geeignet bei den Verbraucher eine Fehlvorstellung über all diese Tatsachen und damit eine Täuschung hervorzurufen.
Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens durch die Täuschung
Eine Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens wird bereits bei einer Anlockwirkung auf den Verbraucher angenommen. Das lässt sich mit Werbung mit Superlativen vergleichen. Bei dieser behaupten Unternehmen zum Beispiel zu Unrecht „110 jährige Tradition zu haben“ oder „Technologieführer“ zu sein.
Ähnlich diesen Fällen werden die User von den Fanzahlen angelockt und durch den Klick auf den „Like“-Button zu Zielobjekten und durch die Meldung auf deren Pinnwänden zur Verbreitern der Werbemaßnahmen des Unternehmens. Ihr wirtschaftliches Verhalten ist damit beeinflusst.
Schädigung der Mitbewerber
Zwar reicht schon die wirtschaftliche Beeinflussung der Verbraucher für einen Verstoß gegen § 5, aber die potentielle Schädigung der Mitbewerber kann ein zusätzlicher Sargnagel sein. Eine solche Beeinträchtigung würde vorliegen, wenn die Anzahl der Fans geeignet wäre, den Mitbewerber zu schädigen.
Auch diesen Punkt würde ich bejahen, da vergleichbare Mitbewerber, die sich redlich um Fans bemühen zu mehr Investitionen gedrängt werden können, ihr Social Media Engagement vielleicht ganz aufgeben, im Vergleich als sozial inkompetenter dastehen und letztendlich ihren Einfluss bei potentiellen Kunden verlieren.
Nicht nur unerheblich
Schon die Formulierung zeigt, dass der Kauf von Fans nicht unbedingt großen Einfluss auf die Verbraucher und Mitbewerber ausüben muss. Es reicht, dass er spürbar ist. An dieser Stelle könnte die Meinung der Social Media Experten zur Verteidigung ins Feld geführt werden. Wenn die gekauften Fans keinen Sinn im Social Media Marketing machen, dann kann diese Maßnahme doch nicht erheblich sein. Oder doch?
An dieser Stelle müsste man tatsächlich auf den einzelnen Fall schauen. Doch schon die Anziehungswirkung auf weitere Fans wird meines Erachtens zu einer Spürbarkeit ausreichen. Immerhin werden die Pinnwände dieser Fans als Werbefläche benutzt! Ebenfalls könnte man eine „dreiste Lüge“ wie bei Falschangaben über falsches Bestehensalter eines Unternehmens annehmen, die quasi automatisch erheblich ist.
Fankauf ist irreführende Werbung – aber ist sie nachweisbar?
Zusammengefasst werden durch gekaufte Fans Verbraucher in die Irre geführt, treffen deswegen wirtschaftliche Entscheidungen, Mitbewerber werden beeinträchtigt und das Ganze kann nicht als unerheblich von der Hand gewiesen werden.
Problematisch könnte der Nachweis sein. Doch wenn Konkurrenten das Fanwachstum seltsam vorkommt, können sie vor Gericht einen Auskunftsanspruch geltend machen und zum Beispiel verlangen, dass die Seitenstatistiken vorgelegt oder ein Grund für den plötzlichen Wachstum genannt wird. An dieser Stelle ist es für den Nachweis hilfreich, wenn das Social-Media-Monitoring die Konkurrenz mit umfasst.
Erhebliche Folgen – Abmahnung und Kontolöschung
Wer Fans kauft riskiert eine Abmahnung von Mitbewerbern und Wettbewerbszentralen sowie Einschreiten durch Facebook selbst.
Die Folgen können sein:
- eine Pflicht zur Unterlassung (also Entfernung der gekauften Fans)
- strafbewehrte Verpflichtung einen Fankauf künftig zu unterlassen
- Herausgabe des durch den Fankaufs generierten Gewinne
- Schadensersatz gegenüber Mitbewerbern
- Übernahme der Rechtsanwaltsgebühren
- Löschung des Accounts durch Facebook
- und ein erheblicher Imageverlust
Abhilfe durch Umgehung eines Kaufs?
Einige der Angebotsseiten versuchen das Problem der Täuschung dadurch zu umgehen, dass sie nicht vom „Kauf“, sondern von „Empfehlungen“ und potentiellen Fans, die „informiert“ werden, sprechen. Ich gebe zu, dass dies ein guter Ansatz ist, um die Unlauterkeit zu vermeiden. Doch muss dies im Verhältnis zu der Wirkung des Fanerwerbs gesetzt werden. Wer für kleines Geld ein paar tausend Fans kauft Informationen in Auftrag gibt, der ist meines Erachtens nicht anders zu behandeln, wie jemand, der die Likes direkt kauft.
Fazit
Beim Kauf von Facebookfans handelt es sich um irreführende Werbung, die von Kosten bis zum Account und Imageverlust erhebliche Folgen nach sich ziehen kann. Diese sollten in die Kaufentscheidung als Risikofaktoren einbezogen werden. Was die Aufdeckung angeht, sollten Unternehmen nicht den Neidfaktor der Mitbewerber unterschätzen, wenn die Anzahl der Fans rapide und unerklärlich anwächst.
Folglich muss vom Fankauf aus rechtlichen Gesichtspunkten abgeraten werden. Eine Vermeidung der irreführenden Werbung ist durchaus möglich, sollte aber im Einzelfall geprüft werden. Also stimme ich den Experten zu, die vom Kauf abraten und auf eine Vielzahl von Wegen für einen ordentlichen Fanerwerb verweisen.
Es interessiert mich wie Ihr den Fall seht. Würdet Ihr darin auch eine Täuschung sehen, wenn ein Konkurrent Fans kaufen würde? Oder meint Ihr, dass ist heutzutage üblich und völlig ok?